Native Advertisment: Anzeigenblätter verwandeln Titelseiten in Werbeflächen

Kostenlose Anzeigenzeitschriften sind rätselhafte Medienprodukte, die ihren Lesern kaum inhaltlichen Mehrwert bieten und stattdessen auf Schmusekurs mit regionalen Unternehmen gehen — zumindest, sobald diese Anzeigen schalten. 

In Greifswald gibt es mit dem Stadtgespräch, das vor einer Weile die Besitzerin wechselte und nun vom gleichen Verlag wie das Vorpommern Magazin herausgegeben wird, nur noch zwei klassische Vertreter dieses publizistischen Genres. Beide Zeitschriften ähneln sich sowohl inhaltlich als auch optisch und haben große Mühe, einzuhalten, was ihr hochglänzender Umschlag verspricht. „Native Advertisment: Anzeigenblätter verwandeln Titelseiten in Werbeflächen“ weiterlesen

Heiß und fettig: Kochprofis möbeln das „Al Max’s Diner“ in Greifswald auf

In Facebook-Gruppen wie „Wenn DU in Greifswald aufgewachsen bist…“ war es im Dezember 2014 das mit Abstand am emsigsten diskutierte Thema: Die Kochprofis waren in Greifswald, um dem schlecht laufenden Al Max Diner Feuer unter dem Herd zu machen.

Seit zehn Jahren rücken die Kochprofis regelmäßig zum Einsatz am Herd aus, um strauchelnden Gastronomiebetrieben wieder auf die Beine zu helfen. Gestern Abend wurde die Folge der von RTL II produzierten Doku-Soap ausgestrahlt, für die die Hüter des Herdfeuers im Dezember nach Greifswald reisten, um der Burgerschmiede Al Max’s Schwung zu verleihen.

Kochprofis Greifswald Al Max

(Screenshot „Die Kochprofis — Einsatz am Herd“, RTL II)

Mit den Kochprofis vom Frittierwerk zum Burgerparadies?

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JU-Landeschef Liskow fordert Schlagerquote: „Mehr deutsche Musik!“

“Mehr deutsche Musik, besonders deutsche Schlager” sollen im Radioangebot des NDR gespielt werden. Was wie ein kulturrevolutionärer Pegida-Slogan klingt, ist eine ernstgemeinte Forderung des JU-Landeschefs Franz-Robert Liskow. Doch die geforderte Schlagerquote könnte nach hinten losgehen.

In Mecklenburg-Vorpommern wollen Schlagerfans vor dem Schweriner NDR-Landesfunkhaus für mehr deutschsprachige Musik im Radio demonstrieren. Das ist an und für sich nichts Neues — die Bürgerinitiative “Für ein besseres NDR1 – Radio MV” müht sich seit Jahren ergebnislos mit diesem Anliegen ab. Doch nun empfangen die germanophilen Radiohörer ein politisches Echo: Die feinfühligen Stimmungsseismographen der Jungen Union haben ausgeschlagen und die vermeintliche Gunst der Stunde gewittert. Der Zug mit der Schlagerquote verließ bereits den Bahnhof, als JU-Landeschef Franz-Robert Liskow (27) schleunigst eine Pressemitteilung veröffentlichen ließ:

Franz Robert Liskow Schlagerquote

„Der wachsende Anteil an verkaufter deutschsprachiger Musik muss sich endlich auch in den Programmen der Hörfunksender widerspiegeln.[…] 2004 empfahl der Deutsche Bundestag eine Mindestquote von 35 Prozent deutscher Musik. Dieser Wunsch nach freiwilliger Selbstverpflichtung hat jedoch nichts gebracht.[…] In einem sprach- und kulturbewussten Land wie unserem sollte es im Grunde auch ohne gesetzlich festgelegte Quote gehen, denn Einsicht ist besser als Zwang. Ob mit gesetzlicher Quote oder mit freiwilliger Selbstverpflichtung: Die Junge Union Mecklenburg-Vorpommern will mehr deutsche Musik im Radio hören!

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Tabubruch mit Kalkül: AfD unterstützt NPD-Anträge

In der vergangenen Woche sorgten die drei Kreistagsmitglieder der AfD, Andreas Bünning, Matthias Manthei und Gunter Jess, für Empörung unter den übrigen demokratischen Parlamentariern. Sie stimmten auf der Kreistagssitzung in Pasewalk nicht nur für mehrere NPD-Anträge, sondern verteidigten sogar mit einer eigenen Rede eine NPD-Beschlussvorlage, mit der die Wolgaster Kirchengemeinde St.Petri zur Unterlassung des Kirchenasyls aufgefordert werden sollte. Das hat es in der kurzen Geschichte des jungen Kreistags noch nicht gegeben!

PIRATEN: DIE AFD BAUT DARAUF, DASS VIELE BÜRGER DEN SCHWERINER WEG NICHT VERSTEHEN

Bislang orientierte man sich im Kreistag an dem sogenannten Schweriner Modell, auf das sich 2011 die Landtagsfraktionen der demokratischen Parteien Mecklenburg-Vorpommerns verständigten und bei dem es darum geht, keinerlei Initiativen der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu unterstützen. Um populistischen Scheindebatten vorzubeugen, wird seitdem jeder NPD-Antrag mit jeweils einem Redebeitrag aus den Reihen der demokratischen Parteien beantwortet, ehe er beim Votum ohne Zustimmung scheitert.

(AfD-Kreistagsmitglieder v.l.n.r.: Andreas Bünning, Matthias Manthei, Gunter Jess)

Die AfD, die sich gebetsmühlenartig als „Partei des gesunden Menschenverstands“ präsentiert, hat den Schweriner Weg nun verlassen beziehungsweise nie betreten. Gunter Jess erklärt auf der Internetseite des AfD-Kreisverbands, dass er das Modell für verfassungsrechtlich bedenklich hält: „Eine Abmachung, die eine Stigmatisierung einer demokratisch legitimierten Partei, unabhängig von inhaltlicher Auseinandersetzung, vorsieht, ist im Kern selbst zutiefst undemokratisch. Hiermit wird deutlich, wem die Maske vom gesicht [sic!] gerissen werden muß [sic!]. Die AfD´ler stehen nicht für ideologische Grabenkämpfe im Kreistag, sondern für inhaltliche Auseinandersetzung und Sachpolitik nach bestem Wissen und Gewissen.“

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Blankrotterklärung mit Ansage: Erotikkalender soll Greifswalder Uni retten

Clothes make the man. Naked people have little or no influence on society. (Mark Twain)

Die Greifswalder Studierendenschaft rührt die Werbetrommel: Um medienwirksam auf den klammen Haushalt der Universität aufmerksam zu machen, soll nun mit einem selbstproduzierten Erotikkalender Geld für die Hochschule verdient werden. Diese leidet unter einem millionenschweren Haushaltsdefizit und damit — von Stellenabbau in der Lehre bis zum Renovierungsstau bei den Lehrgebäuden — verschlechtern sich auch die Studienbedingungen zusehends.

VOM LETZTEN HEMD BEFREIT: UNI BLANK

Die Idee für den anregenden Wandschmuck, mit dem auf diesen Missstand hingewiesen werden soll, wurde in den Reihen der Satirepartei Die Partei geboren. Deren hochschulpolitischer Arm verbuchte bei der letzten StuPa-Wahl nicht nur 16 Prozent der abgegebenen Stimmen, sondern stellt mittlerweile auch den Präsidenten des Greifswalder Studierendenparlaments.

Dort wurde Anfang Juli mit knapper Mehrheit ein Beschluss (pdf-Dokument) gefasst, der den AStA mit der Konzeptualisierung eines erotischen Kalenders beauftragte. Maßgabe: stilvoll und nicht billig, feministisch und nicht emanzipatorisch, Kunst statt Porno.

Logo von Uni Blank

Fotografen und Modelle engagieren sich unentgeltlich für ihre Hochschule, enthüllen sich teilweise ins Adamskleid und protestieren gewissermaßen über Bande gegen die chronische Unterfinanzierung ihrer Universität. Auf einer eigens eingerichteten Website wird das Projekt dokumentiert.

Dort vermitteln Fotos geplanter Schauplätze einen ersten visuellen Eindruck, wohin die Reise gehen wird. Inzwischen soll es bereits 30 Anfragen von interessierten Modellen gegeben haben. Auch ein Name steht bereits fest: Der Erotikkalender wird unter dem eingängigen Titel Uni blank firmieren.

EROTIK FÜR DIE GARTENLAUBE?

Sechs Wochen sind vergangen, seitdem der Kalenderbeschluss gefasst wurde. Die angeworfene PR-Maschine hat Früchte getragen und das überregionale Medienecho reichte vom NDR bis zu Zeit Online. Die Presse bleibt am Ball und trat sich in der vergangenen Woche bei einem Fototermin beinahe auf die Füße. Danach wurde wieder viel über Nacktheit und wenig über die Unterfinanzierung der Universität Greifswald geschrieben.

(Foto: Lisa Klauke-Kerstan, webMoritz)

Doch auf die teilweise euphorischen Presseartikel wird in sozialen Netzwerken mitunter ziemlich negativ reagiert. Kein Wunder, denn die Idee eines erotischen Kalenders trägt einen langen Bart, dessen Traditionslinien schon in den 1990er Jahren ausfransten und die heute höchstens schauderhafte Erinnerungen an unbeholfen grinsende Landwirte, lasziv dreinblickende Volleyballerinnen oder stets einsatzbereite Feuerwehrleute wecken können: Nacktfotos für den guten Zweck, Erotik auf niedrigem Niveau.

Um sich ein mögliches Resultat vorzustellen, verwies einer der Antragsteller zuletzt auf den Kalender Geist ist geil, für den sich 2013 Studierende der TU Dresden ablichten ließen. Doch wer in der dazugehörigen Bilderstrecke eine befriedigende Antwort auf die Frage sucht, wie feministische Aktfotografie in diesem Kontext aussehen kann, wird nicht fündig werden.

Fast so veraltet wie die Idee, Amateure und halbprofessionelle Models in erotischen Posen für einen guten Zweck vor die Kamera zu zerren, ist auch die Vorstellung, dass sanfte Nacktheit in einer — zwischen Werbeindustrie, Youporn und Femenprotest — allgegenwärtig sexualisierten Gesellschaft noch für nachhaltige Eruptionen sorgen kann. Damit füttert man zwar für einen Tag die Newsticker der Online-Magazine, viel mehr ist allerdings auch nicht zu erwarten.

Von dieser Relevanzfrage nicht ganz unberührt ist auch die Finanzierung des Projekts, denn bevor Uni blank Geld generieren wird, muss investiert werden. Wenn alles wie geplant klappt, soll der Erotikkalender zu Beginn der Erstsemesterwoche im Oktober 2014 vorliegen.

Wie der webMoritz berichtete, wird mit Einnahmen von 100.000 Euro gerechnet — Geld, mit dem die Studierenden zwei Stellen erhalten wollen. Angesichts der Ankündigung, dass der Kalender zwischen fünf und zehn Euro kosten würde, mutet diese Kalkulation eher blößenwahnsinnig als durchdacht an und lässt befürchten, dass die Studierendenschaft nicht nur kräftig draufzahlen, sondern später auch ziemlich doof aus der Wäsche schauen wird.

Intern: Heimatgefühle

Die vergangene Woche endete für mich mit der Teilnahme an der Tagung Heimatgefühle. Lokale Medien in einer globalen Welt. Man hatte mich nach Halle (Saale) eingeladen, damit ich im Rahmen eines Speedlabs aus der Praxis des (sub)lokalen Bloggens berichte.

Die als Workshop-Tagung konzipierte Veranstaltung bot in ihren vier aufeinanderfolgenden Blöcken einen Streifzug durch unterschiedliche mediale Themengebiete mit deutlichen Schnittstellen zu den beiden Kernkonstruktionen ‚Heimat‘ und ‚Lokalität‘, die vom „Rundfunk mit Lokalbezug“ bis zur „Neuen Heimat Internet“ reichten.

Viele Denkanstöße gab dabei Prof. Dr. Beate Mitzscherlich (Westsächsische Hochschule Zwickau), die über Die Bedeutung des Narrativen bei der psychologischen Konstruktion von Heimat sprach — kein unerlebter Aspekt für Menschen, die sich zum Verbleib in Greifswald entschieden haben!

Heimatgefühle Tagung

Im dritten Panel dampfplauderte ich über hyperlokales Bloggen und meine Erfahrungen, die ich in den letzten neun Jahren mit dem Fleischervorstadt-Blog sammeln konnte.

Bei der Präsentation des Blogs ging es unter anderem um die in Greifswald vorliegenden Bedingungen, die ein erfolgreiches Lokalblog begünstigen, um die Monetarisierung von Online-Inhalten sowie um Chancen und Gefahren, die lokalen Medien aus sozialen Netzwerken erwachsen können.

In dem Speedlab stellten sich auch weitere Lokalmedien vor, unter anderem Jenapolis (Jena), 3Viertel (Leipzig), München Querbeet (München) und Meine Südstadt (Köln).

Heimatgefühle

Ob in den Vorträgen, im Speedlab oder am Runden Tisch — das Gespräch driftete immer wieder zu Fragen um die ökonomische Zukunft von Medien sowie um geeignete Konzepte und Ideen für die Refinanzierung von Online-Inhalten. Bei allem branchentypischen Trübsal blitzte in mehreren Präsentationen von Lokalkonzepten aus Print und Radio aber auch mehrmals ein kleiner Hoffnungsschimmer auf.

Die Teilnehmenden der vom Department Medien- und Kommunikationswissenschaften (Universität Halle-Wittenberg) in Zusammenarbeit mit dem Studienkreis Rundfunk und Geschichte organisierten und sehr gelungenen Tagung kamen fast durchweg aus medienwissenschaftlichen oder medienpraktischen Bereichen (z.B. Radio Harz-Börde-Welle, MDR Sachsen-Anhalt, Nordbayerischer Kurier, Thüringer Allgemeine, Mitteldeutsche Zeitung).

Weitere Informationen sind auf der Tagungs-Homepage abrufbar: