Nachbetrachtung der Greifswalder NPD-Demo am Tag der Arbeit

Vorneweg: Der Aufmarsch der NPD durch Greifswald war für die Nationalen kein Erfolg!

Nachdem sich der Demonstrationsbeginn aufgrund einer Sitzblockade verzögerte und eine umgekehrte Marschrichtung beschlossen wurde, kam es auch trotz der Planänderung immer wieder zu erfolgreichen Störungen, die schließlich in einer Totalblockade der Schönwalder Straße gipfelten. Dorthin wurden die Nazis umgeleitet, nachdem elf vorherige Menschenblockaden immer wieder verhinderten, dass die NPD in den Stadtteil Schönwalde II gelangen konnte und sie schließlich zum Südbahnhof zurückgeleitet wurde.

________________________________________________

Da bereits Endstation Rechts, der NDR, die Ostsee-Zeitung und der webMoritz über den Tag berichteten, verweise ich in der folgenden Zusammenfassung der Medienberichte auf die entsprechenden Seiten und Videos, und verzichte auf eine nochmalige  Wiederholung der Ereignisse.

________________________________________________

BÜNDNIS: „KONZEPT DER MASSENBLOCKADEN IST AUFGEGANGEN“

Das informelle Bündnis Greifswald Nazifrei bewertet die Aktionen gegen den NPD-Aufmarsch als erfolgreich und freut sich über die Beteiligung eines breiten Spektrums von linken und bürgerlichen Demonstranten.

In der noch gestern veröffentlichten Pressemitteilung wird resümiert:

Die Anzahl der Blockierenden und die sich daraus formierenden Blockaden haben es möglich gemacht, dass die Neonazis nur mit erheblichen Störungen laufen konnten. Für uns ist die deutliche Verkürzung der Route ein Erfolg! Es zeigt uns, dass viele couragierte Menschen in Greifswald bereit waren sich entschlossen gegen die Verbreitung neonazistischer Propaganda auf die Straße zu setzen.

Beim Internetportal Endstation Rechts fühlte man sich an die Geschichte vom Wettrennen zwischen Hase und Igel erinnert: „Wo die Rechtsextremisten auch hinkamen, die Gegendemonstranten waren bereits da“.

blockade npd greifswald

(Foto: Endstation Rechts)

NATIONALE SOZIALISTEN: „OHNE POLIZEI WÄREN WIR SCHON LÄNGST LOSGEGANGEN“

Verfolgt man die Tweets aus den Reihen der Nazis, spürt man anfangs noch das euphorische Selbstbewusstsein und die drängelnde Ungeduld, endlich marschieren zu dürfen:

  • Stehen bereit für den marsch. Liegt jetzt an den Bullen, wann wir laufen….ohne Polizei wären wir schon längst losgegangen…
  • Bullen diskutieren wieder nur,statt zu handeln…bald kommen unsere…dann !!m3achen wir das..
  • Demo verläuft schnell u kraftvoll…zecken kommen nicht hinterher

(Fehler im Original)

NPD greifswald nationalisten

(Foto: Endstation Rechts)

PROJEKT STILLSTAND – WENN HASS UND RASSISMUS SICH DIE BEINE IN DEN BAUCH STEHEN

Nur wenig später sollte sich die Schrittgeschwindigkeit der Nazis immer weiter verlangsamen, bis es schließlich am frühen Nachmittag zum totalen Stillstand kam. Als Stimmungsseismograph taugt der Ticker des rechtsextremen Portals MUPINFO, wo sich nach den immer neuen Blockaden erste Frustration Bahn bricht:

  • 14:08 Das Minusmenschentum hat noch immer nicht genug.
  • 14:11 Verwegene Online-Antifaschisten träumen gar von einem vorzeitigen Rückzug zum Bahnhof. Dazu müßten lediglich ganz, ganz viele demokratische Schafe an der und der Stelle zur Zirkusvorstellung antanzen.

Diese Prophezeiung erfüllte sich schließlich und die NPD wurde endgültig umgeleitet und erhielt keine Chance mehr, durch Schönwalde II zu laufen. Auch die Abschlußkundgebung wurde von Pfiffen und Buh-Rufen begleitet. Dazu der rechte Ticker:

  • 15:53 Udo Pastörs hält eine eindrucksvolle und ausgekräftige Rede, der linke Pöbel wird lauter.
  • 15:45 Auge im Auge stehen die Lager nebeneinander. Zur Zeit spricht Bräuninger und erinnert im Zusammanhang mit Polen an den Bromberger Blutsonntag. So lernen die Gutmenschen auch noch was dazu. Bildung fetzt!

(Fehler im Original)

demoroute npd verkürzt

STUDENTISCHE MEDIEN SORGTEN FÜR HERVORRAGENDE BERICHTERSTATTUNG

Ein großes Lob geht an die Redaktion des webMoritz. Dort unterhielt man einen Ticker, für den insgesamt 8 Redakteurinnen im Einsatz gewesen sein sollen. Außerdem wurde ein Leseraufruf gestartet, um möglichst viele Informationen und Material einzuholen. Ergänzt wurde die webMoritz-Berichterstattung durch die Twitter-News und Hinweise des im Vergleich eher drögen Tickers der Ostsee-Zeitung.

oz fail demokratiefestDort vermeldete man zum Beispiel, dass bei der friedlichen Blockade in der Hertz-Straße die „Protestanten“ Gegenwehr leisten würden und erfindet durch einen sprachlichen Fehler und eine eigenartige Einschätzung der völlig gewaltfreien Blockiererinnen ein christlich-militantes Konfliktpotenzial.

Im Artikel, der nach Beendigung der Demonstration veröffentlicht wurde, sorgte schließlich noch eine Null zuviel für kurze Erheiterung und 30.000 Bürger beim Demokratiefest. Leider handelte es sich hierbei nur um einen Fehler, der inzwischen behoben ist.

Neben der webMoritz-Redaktion, die ihren Ticker mit Fotos und einem Video multimedial auflud und dadurch mit Abstand am besten aktuell informierte, hat sich auch Moritz TV ein Kompliment für seinen Beitrag verdient, der in einer ausdauernden Nachtschicht in den heutigen Morgenstunden fertiggestellt wurde. Der Bericht ist wirklich gut gelungen und überzeugt durch Nähe zum Geschehen.

FAUSTSCHLAG FESTGEHALTEN: POLIZEIBEAMTER SCHLÄGT JUNGE FRAU

Schon unmittelbar nach dem Ende des Aufmarsches meldete der NDR Greifswald: Blockaden stoppen NPD-Aufmarsch. Die Journalisten waren bei vielen Blockaden direkt am Geschehen und häufig zugegen, wenn Polizisten gegenüber Demonstrierenden ihrer Ruppigkeit freien Lauf ließen und dabei auch mehrmals das am Freitag zuvor von Polizeieinsatzleiter Olaf Kühl versprochene „besonnene und rechtsstaatliche“ Reaktionsvermögen der Beamten vermissen ließen. „Nachbetrachtung der Greifswalder NPD-Demo am Tag der Arbeit“ weiterlesen

Die wichtigsten Infos vor der Greifswalder NPD-Demo

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat am Donnerstagabend das Verbot der NPD-Demonstration in Greifswald aufgehoben.

„FREMDARBEITERINVASION“ ZIELT NICHT AUF DIE WÜRDE AUSLÄNDISCHER ARBEITNEHMER

In einer von den Grünen veröffentlichten Begründung dieses Beschlusses heißt es, dass der im Versammlungsmotto verwendete Begriff Fremdarbeiterinvasion „zwar in weiten Teilen der Bevölkerung mit dem nationalsozialistischen Zwangsarbeitersystem verbunden“ sei, allerdings „nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle“. Auch der Invasionsbegriff lasse Deutungen zu, „die nicht darauf abzielen, die ausländischen Arbeitnehmer, die nach dem 01.05.2011 in Deutschland Arbeit suchen, in ihrer Würde anzugreifen oder in anderer Weise volksverhetzend zu wirken“.

Diese Entscheidung ist für viele wenig überraschend. Dass die Stadtverwaltung diesen Schritt dennoch versucht hat, ist ihr anzurechnen. Unverständlich bleibt, dass es kaum nennenswerte Versammlungsauflagen gab und auch der Startpunkt der Route, der sich in unmittelbarer Nähe zu einem Flüchtlingsheim befindet, nicht weiter hinterfragt wurde.

ZWEI BÜNDNISSE MOBILISIEREN GEGEN DIE NPD

„Die wichtigsten Infos vor der Greifswalder NPD-Demo“ weiterlesen

Brandanschlag auf das IKUWO

In der Nacht zum 27. April wurde zum wiederholten Mal das IKUWO angegriffen. Gegen 04:20 Uhr verschafften sich die derzeit noch unbekannten Täter Zugang zum Hof des Internationalen Kultur- und Wohnprojekts und steckten einen PKW in Brand. Das Feuer wurde mit Hilfe eines Benzin-Brandsatzes gelegt, dessen Reste die Polizei heute früh sicherstellte.

„Es wurde in Kauf genommen, dass Menschenleben gefährdet werden“

In unmittelbarer Nähe des Tatorts befinden sich einschließlich des IKUWO gleich drei Wohnhäuser. Dort ansässige Mieter bemerkten das Feuer, verständigten sofort die Polizei und alarmierten die Feuerwehr. Beide trafen ein, nachdem der Brand durch die geistesgegenwärtige Reaktion eines Anwohners bereits gelöscht war. Durch die starke Rauchentwicklung erlitt eine Person eine Rauchvergiftung und musste im Krankenhaus behandelt werden. Die Kriminalpolizei ermittelt.

Nadja Tegtmeyer, Sprecherin des IKUWO, sieht in diesem Angriff „eine neue Qualität organisierter rechter Gewalt. Bei dem Anschlag wurde in Kauf genommen, dass Menschenleben gefährdet werden.“ Im IKUWO geht man von einem gezielten Anschlag aus und vermutet einen Zusammenhang mit dem bevorstehenden Nazi-Aufmarsch am 1. Mai und dem Engagement des IKUWO beim Bündnis Greifswald Nazifrei.

Brandanschlag IKUWO

Unrühmliche Traditionslinie von politisch motivierten Angriffen auf das IKUWO

Dieser Brandanschlag ist nicht der erste Angriff auf das Internationale Kultur- und Wohnprojekt, sondern reiht sich ein in eine unrühmliche Traditionslinie, die bei Stein- und Flaschenwürfen bewaffneter Burschenschafter und rechten Sprühereien gegen das Haus begann und einen ihrer Höhepunkte erlebte, als eine mit einem Antifa-Aufkleber präparierte tote Katze als Warnung vor der Eingangstür des Hauses platziert wurde.

Aber nicht nur das IKUWO wurde zum Ziel mehrerer Angriffe. Im Zuge des Widerstands gegen den Castor-Transport wurden mehrere Fahrzeuge von Nazis beschädigt und Plakate abgerissen. Die Demonstrationen und Mahnwachen wurden regelmäßig von den Greifswalder Neonazis fotografiert .

Nazischmierereien in Greifswald

Seit Wochen marodieren die verirrten Aktivisten der sogenannten Nationalen Sozialisten Greifswald mit der Sprühdose in der Hand durch die Stadt, und bringen Hakenkreuze, Naziparolen und Drohungen an die Wände. Zu dieser Gruppe gehört auch Marcus G.

Der aus Berlin stammende Anti-Antifa-Aktivist – vormals im Dienste der inzwischen verbotenen Kameradschaft Tor – studiert an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald und versuchte am 5. April sogar, ein Treffen des zivilgesellschaftlichen Bündnisses, das sich anlässlich einer zu befürchtenden NPD-Demonstration gründete, zu infiltrieren (mehr dazu hier).

Nazis legten auch in Alt Ungnade Feuer

Von einem Angriff in der vergangenen Nacht war allerdings nicht nur das IKUWO betroffen, sondern auch das alternative Bauwagenprojekt Alt Ungnade. Dort vermeldete man, dass in der gestrigen Nacht in der Scheune des Wagenplatzes ein Feuer gelegt und die Wände mit Hakenkreuzen beschmiert wurden. Der Brand konnte gelöscht werden, die Täter entkamen. Über ihren politischen Hintergrund besteht kein Zweifel.

Offenbar befindet sich die Greifswalder Neonazi-Szene, nachdem erst vor einer Woche am Museumshafen plakatierende Antifaschistinnen angegriffen wurden, auf einem aktionistischen Endspurt vor der angemeldeten, aber in erster Instanz verbotenen NPD-Demonstration am 1. Mai. Die Frage, ob diese Menschen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen, haben die Neonazis in den vergangenen Tagen und Wochen selbst beantwortet.

Neues von der NPD-Demo: 1000 Polizisten, Videos aus dem Archiv, Fortschritte beim Bündnis und Angriffe auf Antifaschisten

Wie die Schweriner Volkszeitung berichtet, sollen bei der angemeldeten NPD-Demonstration am 1. Mai in Greifswald 1000 Polizeibeamte im Einsatz sein, um „Krawalle zu verhindern“. Die Beamten werden dabei unter anderem von einer Hundertschaft sächsischer Bereitschaftspolizisten unterstützt.

Gewaltfreie Sitzblockaden

Die Zeitung zitiert den Sprecher des Landesinnenministeriums, Olaf Seidlitz: „Aufgrund der im Internet kursierenden Blockadeaufrufe und den Erfahrungen mit so genannten antifaschistischen Versammlungen gehen wir davon aus, dass auch gewaltbereite Linksextremisten versuchen werden, an den Protesten teilzunehmen.“ Der Himmel wird sich verdunkeln und die Gewalttäterinnen werden auf schwarz-roten Rössern herangeprescht kommen – fürchten Sie sich auch schon?

Im folgenden Video vom 14.1.2001 kann man einen Eindruck davon gewinnen, wie  sogenannter „gewaltbereiter Linksextremismus“ und Blockaden gegen NPD-Demonstrationen zusammenhängen. Am Anfang des Videos ist übrigens der von Arthur König angeführte Demonstrationszug zu sehen, der sich auf seiner ganz eigenen Route den Neonazis „entschieden in den Weg stellte“, während der NPD-Zug tatsächlich an völlig anderer Stelle temporär aufgehalten wurde.

Sie werden marschieren — wir werden (friedlich) blockieren!

nazis blocken!Trotz des vom Greifswalder Oberbürgermeister ausgesprochenen Verbotes ist damit zu rechnen, dass die geplante Demonstration stattfinden wird. Die Universität wirbt dafür, dass die Uni-Mitglieder und alle, die sich mit ihr verbunden fühlen, sich um 8:45 Uhr am Rubenow-Denkmal treffen, um von dort gemeinsam auf den Marktplatz und weiter zum Demokratiefest am Trelleborger Weg zu laufen.

Das Bündnis Greifswald Nazifrei ruft im Gegensatz dazu auf, die NPD-Demonstration tatsächlich zu blockieren und sich den Nazis in den Weg zu stellen beziehungsweise zu setzen. Mit Gewaltbereitschaft hat das nichts zu tun, sondern mit Zivilcourage! Der gemeinsame Aktionskonsens bringt das auch zum Ausdruck:

  • Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch.
  • Von uns geht dabei keine Eskalation aus.
  • Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden.
  • Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.

Dass so eine Blockade erfolgreich verlaufen kann, zeigt dieses Video des zweiten Greifswalder Nazi-Aufmarsches im Jahr 2001. Gut erkennbar beteiligten sich an dieser Aktion nicht nur die vom Landesinnenministerium und der Schweriner Volkszeitung herbeiorakelten „gewaltbereiten Linksextremisten“, sondern ein milieuübergreifender Teil der Gesellschaft – bunt und friedlich.

„Ich blockiere, weil sich so gut wie alle anderen Aktionsformen als unwirksam erwiesen haben“

Das Bündnis rechnet ebenfalls fest mit einer Genehmigung der verbotenen NPD-Demonstration und vermeldete, dass es inzwischen bereits eine Sanitäterinnen- und eine Volxküchencrew gäbe: Veggie-Burger statt Gesicht-zeigen-Bratwurst!

Beeindruckend sind auch die landesweiten Mobilisierungsveranstaltungen, die in den kommenden Tagen nicht nur in Greifswald, sondern auch in Neubrandenburg,  Rostock, Burg, Wismar, Schwerin, Berlin, Ribnitz-Damgarten und Potsdam stattfinden werden. Organisiert werden sollen auch einige Busse, die auswärtige Demonstrierende nach Greifswald bringen sollen.

Eine schöne Idee ist außerdem das Einrichten der neusten Rubrik auf dem Blog des Bündnisses: Ich blockiere weil…. Dort sind alle dazu eingeladen, mit einem Statement die eigene Intention, sich an der Blockade zu beteiligen, zu erklären.

Versuchter Angriff auf Nazi-Gegnerinnen

Bei Indymedia tauchte gestern die Meldung auf, dass eine Gruppe Jugendlicher beim Plakatieren in der Nacht zum 18. April nur knapp einem offensichtlich neonazistisch motivierten Angriff am Hafen entgehen konnte. Dort heißt es: „Es war bereits früh geworden, als sich drei Männer einer Personengruppe näherten, die unterwegs waren, um Plakate zu verkleben.  Gegen zwei Uhr morgens trafen im Stadthafen die beiden Personengruppen aufeinander. Einige Meter entfernt begannen die Angreifer sich zu vermummen. Geistesgegenwärtig entschloss sich der Plakatiertrupp zur sofortigen Flucht. Die drei nun vermummten Männer eilten ihnen hinterher. Mit den Worten „Scheiß Antifa“ und „Wir kriegen euch“ dürften sowohl Absicht und Motiv erkennbar werden.“

Ob es angesichts eines solchen Ereignisses klug ist, die Proteste gegen den Greifswalder Naziaufmarsch als „gewaltbereit“ zu diskreditieren, darf bezweifelt werden. Der Landesverband der NPD reagierte auf das Demonstrationsverbot siegesgewiss und kündigte an, dass am 1. Mai „die volkstreue Bewegung Mecklenburg [sic!] und Pommerns in Greifswald ihren Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse, für die Freiheit und das Wohl des Volkes auf die Straße tragen“ würden. Das könne durch „König, Dembski und Co“ nicht verhindert werden.

In diesem Punkt darf der NPD ausnahmsweise wirklich zugestimmt werden: König und Dembski werden mit einem Demokratiefest keine Demonstration verhindern. Entscheidend wird also sein, wie viele Menschen gewillt sind, persönlich Platz zu nehmen, damit Greifswald der NPD eine klare Absage erteilt.

Vor dem Castor: die wichtigsten Infos und Links für den Widerstand zwischen Greifswald und Lubmin *Update*

Heute Nacht soll es mit dem Castortransport in Karlsruhe losgehen. Die Ankunft der mit den Glaskokillen gefüllten Behälter in Greifswald beziehungsweise Lubmin wird in der Nacht vom 16. zum 17. Februar erwartet. Die heiße Phase steht also unmittelbar bevor.

Kontrollen in der Innenstadt

Im Vergleich zum letzten Transport hält sich das Polizeiaufgebot in Greifswald derzeit noch in Grenzen, obschon viele Einsatzkräfte vor Ort sind. Eine der Pressesprecherinnen des Bündnisses teilte im gestrigen Interview mit, dass die Polizei verstärkt Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführe. Am Thälmann- beziehungsweise Bonhoeffer-Platz in der Fleischervorstadt zeigten die Beamten schon heute Nachmittag starke Präsenz und teilten auf Nachfrage mit, dass verdächtige Fahrzeuge und Personen gemeldet und kontrolliert würden.

Ein Anti-Atomkraft-Fähnchen am Auto reiche nach Angaben der Polizisten aus, um in dieses Raster und damit auch unter einen Generalverdacht zu fallen. Reisenden Atomgegnerinnen sei also ausdrücklich empfohlen, derartige Accessoires vorerst möglichst versteckt mit sich zu führen.

Wissen kompagt — Demobroschüre und Aktionskit

Wer an den Bahnschienen zwischen Greifswald und Lubmin demonstrieren will, sollte sich im Vorfeld sehr gründlich über die Gegebenheiten informieren, die Standorte der Mahnwachen und die wichtigsten Telefonnummern mit sich führen.

Hierfür hat das Anti-Atom-Bündnis NordOst eigens ein Aktionskit herausgegeben, in dem neben diesen Informationen auch Kartenmaterial und Kontaktnummern zu Sanitätern, dem Ermittlungsausschuss, der Job-, Auto- und Bettenbörsen, den einzelnen Mahnwachen sowie den Pressesprecherinnen eingepflegt wurden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich für einen SMS-Ticker anzumelden, um auch ohne internetfähiges Smartphone aktuelle Informationen empfangen zu können.

Daneben ist es nicht verkehrt, den Klassiker in Sachen Demonstrationswissen gelesen zu haben – die mittlerweile in 15. Auflage von der Roten Hilfe herausgegebene Broschüre Was tun wenn’s brennt?, die natürlich auch als PDF-Dokument abrufbar ist. Dort erfährt man unter anderem, welche Gegenstände besser zuhause bleiben und welche hingegen unbedingt einpackt werden sollten. Außerdem gibt es konkrete Hinweise, wie man sich im Fall etwaiger Festnahmen verhalten sollte.

Auf dem aktuellsten Stand bleiben

Wie beim letzten Castortransport wird der Informationsdienst Twitter wohl wieder eine große Rolle spielen. Unter dem Hashtag #Lubmin sind dann hoffentlich die aktuellsten Nachrichten abrufbar und natürlich auch zu verbreiten. Es gibt seit heute wieder den Castorticker. Für die Offliner bleiben dann noch der SMS-Verteiler, für den allerdings wie gesagt eine gesonderte Anmeldung notwendig ist, sowie das Infotelefon (0170-1223239).

Die nächsten 48 Stunden werden relativ kalt – mit warmer Kleidung sollte also auf keinen Fall gespart werden. Seid wachsam, seid widerspenstig, seid kreativ!

*Update* 16.02.

Um 19 Uhr findet ein Treffen in der Museumswerft statt, auf dem über die Sitzblockade gesprochen werden wird.

Im Gespräch mit Sophie Hirschelmann (Anti-Atom-Bündnis NordOst)

In zwei Tagen wird ein Castor-Transport aus dem badischen Karlsruhe durch Greifswald ins ZwischenLager nach Lubmin fahren. Wie schon beim letzten Transport im Dezember 2010 mobilisiert das Anti-Atom-Bündnis NordOst zum Protest gegen diesen Transport. Eine der beiden Pressesprecherinnen dieser Gruppe ist Sophie Hirschelmann, die im folgenden Gespräch über die Arbeit und Struktur des Bündnisses, Mahnwachen und Sitzblockaden, abgehörte Telefone und Polizeikontrollen, das Verkehrschaos beim letzten Mal und über die neue Dezentralität Auskunft gibt.

Sie lebt seit 2007 in Greifswald, studiert Landschaftsökologie und Naturschutz und engagiert sich unter anderem bei GrIStuF.

„Man muss sich zusammentun, um strukturiert etwas zu bewegen“

FLV: Seit wann bist du im Anti-Atom-Bündnis NordOst aktiv

SH: Zu Beginn des letzten Wintersemesters und mit Hinblick auf den Castortransport ins Wendland und dann hierher nach Lubmin habe ich mich entschlossen, mich dagegen zu engagieren und dazu beizutragen, dass das hier ein Thema wird und der Protest auch hierher kommt.

FLV: Das Bündnis wirkt sehr vielschichtig. Wie ist es strukturiert?

SH: Im Bündnis wirken sehr viele mit, nicht nur Studierende, auch ältere Menschen, die hier herkommen oder schon lange hier leben und arbeiten. Diese Menschen kommen nicht nur aus der Stadt, sondern auch aus kleineren Dörfern der Umgebung.

Am Anfang haben wir uns relativ strukturlos zusammengefunden, weil wir dachten, man müsse sich zusammentun, um strukturiert etwas zu bewegen. Seitdem treffen wir uns in Plena und haben eigentlich eine relativ unhierarchische Struktur, auch weil wir Konsensentscheidungen anstreben. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen, zum Beispiel eine Aktions-, eine Infrastruktur-, eine Infonetz- und eine Pressegruppe.

FLV: Du bist in der Pressegruppe, was machst du da?

SH: Ich schreibe Pressemitteilungen, behalte im Auge, was in den Medien erscheint und versuche nach außen zu tragen, was unser Anliegen ist, was wir fordern und wie wir versuchen, das umzusetzen.

FLV: Im KLEX gibt es eine eigene Presselounge?

SH: Ja, die ist auch schon offen. Sie ist als Raum für die Pressevertretenden gedacht, wo sie ein WLAN nutzen können und Raum haben, sich mit uns oder mit anderen Interviewpartnern zu treffen.

„Die Presseleute wissen genau, was für Bilder sie wollen“

FLV: Bei der Auftaktdemo waren sehr viele Pressearbeiter. Wie gut funktionierte die Zusammenarbeit mit denen?

SH: Wir als Pressesprecher — wir sind zu zweit — mussten den Medienvertretern schon einigermaßen hinterherrennen, um an sie heranzukommen, unsere Pressemitteilungen zu übergeben und ihre Telefonnummern zu erfragen. Wir machen eine Presseakkreditierung und haben einen SMS-Verteiler, um die Journalisten im Falle von Aktionen sofort benachrichtigen zu können. Grundsätzlich wissen sie aber schon ganz genau, was für Bilder sie wollen und wen sie interviewen möchten, zum Beispiel Claudia Roth bei der Auftaktdemo.

FLV: Auf die nächsten Tage habt ihr seit Wochen hingearbeitet. Was wird hier so laufen?

SH: Wir arbeiten, seitdem der letzte Castor in Lubmin angekommen ist und wir die Ereignisse aufgearbeitet haben. Zuerst haben wir versucht herauszufinden, wann der nächste Transport stattfinden wird. Jetzt läuft die Vorbereitung auf den sogenannten Tag X, wenn der Castor schließlich fährt. Wir tun viel für die Mahnwachen auf der Strecke Greifswald-Lubmin, bauen sie mit auf, statten sie mit aus.

Organisierter Widerstand: Mahnwachen, Bettenbörse & Aktionstrainings

FLV: Wie sieht so eine Mahnwache denn konkret aus? „Im Gespräch mit Sophie Hirschelmann (Anti-Atom-Bündnis NordOst)“ weiterlesen