Auf dem Greifswalder Marktplatz weihnachtet es dieser Tage wieder sehr. Da bimmelt und bammelt es, Menschen stehen im Weg und ganz allgemein darf konstatiert werden, dass es ungemein fahrgeschäftig zur Sache geht.
Weihnachtsmarkt in Greifswald, das ist wie mit dem schrulligen Onkel in den US-amerikanischen Familienfilmen, der vorhersehbar zu früh anreist und dessen Aufenthalt einfach nicht vorübergehen will. Und ähnlich dem ungeliebten Verwandten verhält es sich mit dem Love-You-Christmas-Spektakel, das Jahr für Jahr in Greifswald Einzug hält – ungeschminkt und trotzdem geschmacklos.
NPD-Weihnachtsmann: Rot-weiß statt dunkelbraun
Leider wiederholen sich nicht nur die durchaus streitbaren Konzepte der Marktgestaltung, sondern auch Versuche hiesiger Neonazi-Strukturen, im Weihnachtstrubel zu punkten. Schon im letzten Jahr versuchten kostümierte Rechte, neben Süßwaren auch NPD-Propaganda unter das Volk zu bringen. Der informierte Marktleiter sprach daraufhin umgehend einen Platzverweis aus, wie Ostsee-Zeitung und Netz gegen Nazis berichteten.
Eine Vorstellung, wie subtil diese winterliche Aktionsform vonstatten geht und wer aufgrund seines Alters diesen Agitationen ausgeliefert ist, vermag dieses Video aus Verden vermitteln, das zeigt, wie verbreitet die Nummer mit dem Weihnachtsmann ist.
Bräsig, bärtig und bemützt
Auf den Internetseiten hiesiger Nazis brüstet man sich seit zwei Tagen damit, die Aktion des Vorjahres erfolgreich wiederholt zu haben. Stolz präsentiert man dort ein Foto, was einen der schafspelzigen Wölfe bei der vorgezogenen Bescherung zeigen soll.
Auf dem Bild ist der kostümierte Neonazi teilweise verpixelt worden, die Unkenntlichmachung konzentriert sich aber auf den möglicherweise mit einem Tatoo versehenen Hals – das pommersch-bräsige Augenpaar dagegen blieb unbearbeitet.
„Wenn jemand von den Demonstraten randaliert, zahlt uns das keiner“
Die Greifswalder Ostsee-Zeitung bereite schon gestern auf den kommenden Sonnabend vor, an dem mit dem Weihnachtsmarkt, dem Mitternachtsshopping und der großen Demonstration gegen Atomkraft drei Großveranstaltung an einem Tag stattfinden werden. Einige betrachten insbesondere die Demonstration mit Sorge. Die OZ zititiert den Kinderkarusselbetreiber Sebastian Rathsack, der über seine Angst vor Ausschreitungen spricht: „Wenn jemand von den Demonstranten randaliert, zahlt uns das keiner“.
Kaum ein Politikfeld ist so friedlich wie Anti-Atom, insofern sollte man sich vor den Aktivistinnen nicht fürchten. Bleibt nur zu hoffen, dass Rathsack den Weihnachtsmännern, die vor seinem Karussel agieren, auf die Finger sieht. Und dass sich die Befürchtungen, die auf dem jungen regionalen Blog betriebsstörung kommuniziert werden, nicht bewahrheiten.
Rechtsgerichtete Umwelt-Heimatschutzpropaganda unerwünscht!
Dort wird mit Sorge das Interesse der Nazi-Szene Mecklenburg-Vorpommerns am Castor beobachtet und davor gewarnt, dass die Rechten versuchen, dieses Thema zu besetzen:
„Seit Monaten erlebt der Widerstand gegen die Atomenergie sowohl bundesweit als auch in MV ungeahnten Aufwind. Die Nazis wollen darauf aufsatteln. In deren Portal „Mupinfo“ finden sich ausführliche Infos zum Castor und zu den bevorstehenden Protesten. Anscheinend mobilisieren sie selber zum Castor-Protest. Ein Artikel auf dem Portal endet mit den Sätzen: „Weitere Aktivitäten der Atomkraftgegner sind bereits angekündigt. Möglicherweise beteiligen sich auch nationale Kräfte vor Ort“.“
Es wäre wenig überraschend, wenn sie das nicht täten. Und für die Teilnehmerinnen der Großdemonstration am Sonnabend wird es daher umso wichtiger sein, aufmerksam zu sein und darauf zu achten, dass die Protestveranstaltung nicht von Neonazis als öffentlichkeitswirksames Trittbrett missbraucht wird.
Die Organisatoren der Demonstration sind auf das Problem bereits eingegangen und haben ihren Aufruf ergänzt: „Unerwünscht ist jegliche rechtsgerichtete Umwelt-Heimatschutzpropaganda!„.