Sänger von Feine Sahne Fischfilet freigesprochen

Wegen Tumulten am Rande einer Kundgebung von Geflüchteten in Güstrow standen gestern der Sänger von Feine Sahne Fischfilet sowie zwei Mitangeklagte vor Gericht. Der Prozess endete mit Freisprüchen.

Details über den Deal zwischen dem Plattenlabel Audiolith und dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommerns sind nicht bekannt. Aber dass es irgend eine Form von Übereinkunft geben muss, daran dürfte kein Zweifel mehr bestehen. Schon vor fünf Jahren, vor dem Release der vorletzten Platte Scheitern und Verstehen, griff das Innenministerium der vorpommerschen Band amtlich unter die Arme.

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Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet „Wut“

Feine Sahne Fischfilet zauberten in der vergangenen Woche ein neues Video zu ihrem Album Bleiben oder Gehen (2015) aus dem Hut. In Wut arbeitet sich die Band einmal mehr am großen Thema Polizei und Repression ab, und kommen zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis.

Rentner und Studenten, Revolutionäre und Verbrecher, Gitarrenhändler, Genforscher, Soldaten, Chefs und immer wieder Polizisten — Berufe und soziale Gruppen sind die Grundlage unzähliger Songs, doch was die musikalische Auseinandersetzung mit solchen Zusammenhängen angeht, so müsste allein für Lieder über Polizisten ein eigenes Genre konstruiert werden — nennen wir es Cop Rock. Und damit kennen sich Feine Sahne Fischfilet bestens aus: Der nicht mehr zum gespielten Repertoire gehörende Titel Staatsgewalt („Die Bullenhelme, sie sollen fliegen. Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein“, 2009) sicherte der Band mit der behördeneigenen Verspätung einen öffentlichkeitswirksamen Eintrag im Verfassungsschutzbericht 2012.

polizei hunde demonstration-demmin(Polizeieinsatz in Demmin, 2014, Meme: MdL Johannes Saalfeld via Facebook)

In ihrem Video zu Wut zeigen Feine Sahne Fischfilet ohnmächtige Bilder von Staatsmacht und Repressionsorganik, die sich von der visuellen Cop-Rock-Ästhetik mit ihren Polizeiknüppeln, den rigorosen Pfefferspray-Einsätzen und dem martialischen Auftreten der Beamten, wie man sie in ähnlichen Songs dieses Subgenres zuhauf entdecken kann, fundamental unterscheidet. Die Band selbst beziehungsweise ihre kindlichen Stellvertreter sind in dem Video nur einmal zu sehen: auf einem Plakat, dass der adoleszente Sohn eines Polizisten abends zuhause anschleppt. Sein Vater trägt längeres Haar und geht trotz Polizeiuniform als Typ knuffiger Sozialarbeiter durch; als fürsorglicher Familienvater, als guter Ehemann, der nach erledigter Nachtschicht und erfolgreich eingeleiteter Abschiebung leise ins vertraute Bett schleicht, um den Schlaf seiner Partnerin nicht zu stören.

All Cops are Bastards? Niemand muss Bulle sein!

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Klub Konkret trifft Feine Sahne Fischfilet — „An den linksextremen Hafen, würde ich sagen!“

Das Reportagemagazin Klub Konkret war  in der Stadt und hat sich auf einen Klönschnack mit den Musikern von Feine Sahne Fischfilet getroffen.

Die Band brachte es mit ihrer Erwähnung im Verfassungsschutzbericht und der sich anschließenden juristischen Auseinandersetzung auch jenseits der großen Bühnen, auf denen sie heute regelmäßig spielen, zu zweifelhafter Berühmtheit.

Klarmachen zum Kentern — ein Wochenende mit Feine Sahne Fischfilet

Fast zwei Jahre ist es her, dass Feine Sahne Fischfilet auf einer Greifswalder Bühne gestanden haben. In der Zwischenzeit ist viel passiert: Partnerschaft mit dem Label Audiolith, pünktliche Promo-Kampagne des Landesinnenministeriums mit bundesweitem Medienecho, Festivalauftritte vom Melt! bis zur Fusion. Nun macht die telegene Linksrockband für ein Heimspiel in Greifswald Station — im Gepäck: ein linkspolitisches All-Inklusive-Programm.

Kentern und verstehen feine sahne fischfilet

Lustprinzip: Kühler Sekt und feine Sahne „Klarmachen zum Kentern — ein Wochenende mit Feine Sahne Fischfilet“ weiterlesen

Verfassungsschutzbericht 2012 veröffentlicht — wo lauert nun die größte Gefahr?

Gestern präsentierte Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) den aktuellen Verfassungsschutzbericht für Mecklenburg-Vorpommern. Im Vergleich zum Bericht des Vorjahres, der nach einem längeren Rechtsstreit zwischen dem Innenministerium und drei alternativen Vereinen nur noch in stellenweise geschwärzter Fassung verbreitet werden darf, hat sich nicht viel verändert

Die rechtsextreme Szene bleibt ein Problem, der sogenannte „Linksextremismus“ soll das Potenzial dazu haben; der Islamismus ist — gleich nach der Punkband Feine Sahne Fischfilet — die größte Gefahr für unsere Sicherheit und schlussendlich bedrohen Spione einheimische Technologieunternehmen.

GEWALTBEREITSCHAFT UND MITGLIEDERZAHLEN DER RECHTSEXTREMEN SZENE BLEIBEN KONSTANT „Verfassungsschutzbericht 2012 veröffentlicht — wo lauert nun die größte Gefahr?“ weiterlesen

Verfassungsschutzbericht: IKUWO gewinnt auch in zweiter Instanz gegen das Innenministerium

Vor einer Woche wies das Oberverwaltungsgericht Greifswald eine Beschwerde des Innenministeriums zurück und entschied, dass das IKUWO sowie das Peter-Weiss-Haus und der Awiro e.V. aus Rostock auch weiterhin nicht im Verfassungsschutzbericht 2011 genannt werden dürfen. Damit bestätigte das OVG Greifswald das Urteil des Schweriner Verwaltungsgerichts aus erster Instanz, das im Januar 2013 zu dem Schluss kam, dass der Verfassungsschutzbericht 2011 nicht mehr in seiner ursprünglichen Form verbreitet werden dürfe.

KRIMINALISIERUNG LINKSALTERNATIVER VEREINE STATT AUFKLÄRUNG DER NSU-VERBRECHEN IN MV

Der Bericht für das Jahr 2011 erschien in seiner ursprünglichen Form erst im Oktober des vergangenen Jahres. Wer über einen Zusammenhang zwischen dieser Verspätung und den inzwischen bekanntgewordenen Erkenntnissen zum rechten Terrornetzwerk Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), das unter anderem für die Ermordung von Mehmet Turgut in Rostock sowie zwei Banküberfälle in Stralsund verantwortlich war, spekulierte, wurde jedoch enttäuscht — das NSU-Kapitel fiel denkbar dürftig aus.

Verfassungsschutzbericht 2011

Sehr viel umfangreicher berichtete der Verfassungsschutz indes über die Band Feine Sahne Fischfilet, deren Eilverfügung gegen ihre Erfassung im VS-Bericht ebenfalls vor einer Woche vom OVG Greifswald verhandelt und abgewiesen wurde. Als nachteilig soll sich in diesem Fall ein humoristischer Dankesgruß der Band an die Behörde ausgewirkt haben (mehr dazu im unten verlinkten ND-Artikel).

Kritik am Innenministerium gab es jedoch nicht nur für den Bericht selbst, sondern auch für die Entscheidung, die Beschwerde gegen das Urteil des Schweriner Verwaltungsgerichts nicht den Hausjuristen zu überlassen, sondern damit die Anwaltskanzlei Latham & Watkins zu beauftragen. Diese vertrat 2008 in den USA die ebenfalls von den deutschen Verfassungsschutzbehörden beobachtete Sekte Scientology. Die Landesregierung teilte in Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen mit, dass das Innenministerium über die fragwürdige Mandantenschaft der beauftragen Kanzlei Bescheid wusste. Allein für die Erstellung des Beschwerdeschriftsatzes sollen Latham & Watkins dem Innenministerium 11.391,90 Euro in Rechnung gestellt haben. Ein Antrag der Grünen, das Verfahren gegen die drei Vereine und die Zusammenarbeit mit dieser Kanzlei einzustellen, wurde abgelehnt.

„WIR HOFFEN, AUCH ANDERE EMANZIPATORISCHE VEREINE ERMUTIGEN ZU KÖNNEN, SICH GEGEN REPRESSION ZU WEHREN“ 

Das IKUWO tauchte im Verfassungsschutzbericht 2011 übrigens an zwei Stellen auf. So hat dort im März 2011 im Rahmen des „Tags des politischen Gefangenen“ eine Vortragsveranstaltung mit Aktivisten aus Belarus stattgefunden, die über die anarchistische Bewegung in ihrem Land erzählten. Sie klärten dabei über die aktuelle politische Situation auf und berichteten über die massiven staatlichen Repressionen des Lukaschenko-Regimes, mit denen politische Aktivisten konfrontiert werden.

Weiterhin soll die Gruppe Antifaschistische Aktion Greifswald (AAG) neben anderen Orten auch Räumlichkeiten des IKUWOs genutzt haben. Der AAG wird zum Vorwurf gemacht, „maßgeblich an der Bildung des Bündnisses ‘Greifswald nazifrei’ beteiligt” gewesen zu sein, das sich im Vorfeld einer NPD-Demonstration am 1. Mai 2011 in Greifswald gründete.

Der Berliner Rechtsanwalt Peer Stolle, der in diesem Verfahren alle drei Vereine vertrat, konstatierte: „Der VS hat versucht unverzichtbare Träger der Zivilgesellschaft und anerkannte Institutionen alternativer Jugendarbeit in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Dafür war er bereit die Grenzen dessen was rechtlich zulässig ist zu überschreiten. Es ist wichtig dass das OVG dem einen Riegel vorgeschoben hat“. Der Sieg vor Gericht wurde natürlich auch im IKUWO positiv aufgenommen. Dort liest man das Urteil des OVG als Mutmacher für andere, die gleichsam von der Stigmatisierung durch Verfassungsschützer betroffen sind.

Pressesprecherin Nadja Tegtmeyer hofft, „dass wir mit dem erfolgreichen Verfahren auch weitere emanzipatorische Vereine und Gruppen ermutigen können, sich gegen Repressionen durch den Verfassungsschutz zu wehren und ebenfalls dagegen zu klagen.“

(Montage: Enrico Pense)

Für das Jahr 2012 liegt bislang noch kein Bericht vor, seine Veröffentlichung ist für den Sommer angekündigt. Dann darf man auf eine Retourkutsche des Innenministeriums gespannt sein.

Pressespiegel:

  • VS-Bericht: Linke Vereine gewinnen auch in der zweiten Instanz (Kombinat Fortschritt, 11.06.2013)
  • OVG bestätigt Schweriner Urteil zum Verfassungsschutzbericht (Ostsee-Zeitung, 11.06.2013)
  • Verfassungsschutzbericht bleibt geschwärzt (NDR, 11.06.2013)
  • Schlappe für Schweriner Schlapphüte: Verfassungsschutz darf drei linke Initiativen nicht mehr erwähnen (Endstation Rechts, 12.06.2013)
  • Gericht bestätigt Niederlage für den Verfassungsschutz MV (Demokratie braucht uns, 12.06.2013)
  • VS-Bericht weiter unter Verschluß (junge Welt, 13.06.2013)
  • Präsentkorb als Bumerang (Neues Deutschland, 15.06.2013)