Pegida, besorgte Bürger, FFDG und das Versagen des Bildungsbürgertums und der gesellschaftlichen Mitte

Ein Debattenbeitrag von André Carls

Am Montag marschieren sie wieder: Pegida, AfD, NPD und die besorgten Bürger. Wir regen uns — zu Recht — wieder darüber auf, dass sie marschieren und trotzdem wissen wir, dass wir derzeit nur ohnmächtig zuschauen: wohlwissend, dass die Menschen, die dort mitlaufen, Unrecht haben, plumpen Parolen folgen und einer irrationalen Angst vor der Überfremdung anhängen. Versuche, den Parolen mit Fakten Einhalt zu gebieten, gab es (FAQ für besorgte Bürger) und gibt es noch und nöcher (BAMF). Doch offenbar fruchten sie nicht wirklich oder werden nur von denen gelesen, die ohnehin über die Fakten im Bilde sind. Zeit also, abseits von „Lügenpressenschemata“ ernsthaft danach zu fragen, warum die besorgten Bürger immer mehr werden, der Zulauf stetig steigt, die Sympathien für Pegida und Co. immer weiter um sich greifen und die Versuche der Aufklärung allesamt fehlzuschlagen scheinen. Eine Polemik.

Filterblasen als Produkt der Entsolidarisierung

Einen der wenigen brauchbaren Ansätze zur Erklärung liefern derzeit die NachDenkSeiten, in denen Jens Berger die Resistenz gegen die Aufklärung in der Entstehung von Filterblasen sieht. Der Beschreibung des Phänomens stimme ich vollkommen zu, allerdings greift auch sie in der Ursachenanalyse deutlich zu kurz. Die in sozialen Netzwerken entstandenen Filterblasen spiegeln zu großen Teilen das real existierende Netzwerk an Personen und Kontakten wider, die eine Person umgeben und umgeben haben. Die Filterblasen, die wir online sehen können, sind also eine Repräsentation der realen Welt, in der die Nutzer leben.

Phasentrennung Wasser Oel (Bild: André Carls)

Und an dieser Stelle wird es unbequem — unbequem vor allem für die Oberschicht, unbequem vor allem für das Bildungsbürgertum, unbequem vor allem für die Mittelschicht. Kurz: für alle, die sich in den letzten Jahren stillschweigend mit den Schichten unterhalb der eigenen, insbesondere aber mit der Unterschicht, entsolidarisiert haben. Und das trifft in der Breite ausnahmslos für alle genannten Schichten zu. Sie sind die wesentliche Ursache für die Entstehung der Filterblasen und deren enorme Oberflächenspannung, den ungeheuren Widerstand gegenüber konträren Fakten, die in diese hineingestreut werden. Was wir derzeit online und an den Stammtischen erleben, ist die direkte Konsequenz daraus, dass wir jahrelang zugelassen und zugesehen haben, dass es eine Abstimmung mit den Füßen gab, bei der ein Großteil des „Wahlvolkes“ beinamputiert zurückgelassen wurde. Die Wahrheit ist so erdrückend einfach wie schwer verdaulich: Ghettos und damit auch Filterblasen werden nicht von denen gemacht, die dort wohnen, sondern von denen, die dort wegziehen und entfreunden. Die Filterblasen, die wir beobachten, sind lediglich die Netzwerkrepräsentation der Lebensrealitäten aller Schichten. „Pegida, besorgte Bürger, FFDG und das Versagen des Bildungsbürgertums und der gesellschaftlichen Mitte“ weiterlesen

Flüchtlingshilfe soll praktisch werden: Aktion „Bettentausch“

Mit einer ungewöhnlichen Aktion will die Initiative „Betten für Flüchtlinge“ auf die Situation in der Feldstraße aufmerksam machen, wo seit über zwei Wochen 46 Menschen in einer Turnhalle untergebracht sind.

„Nehmt doch gefälligst selbst welche auf, wenn euch die Asylanten so am Herzen liegen!“ Man liest diesen Satz mehr oder minder variiert in zahlreichen Diskussionsforen, wo energisch über die deutsche Asylpolitik debattiert wird. Die resignierten Schilderungen einer Greifswalder Bekannten, die genau das über Wochen ergebnislos versucht hat, klingeln noch vernehmlich im Hinterohr. Seit mehr als zwei Wochen harren 46 Menschen in einer Turnhalle, die jetzt Übergangsunterkunft heißt, auf Veränderung: auf ein anderes Quartier, damit sie den Ort, der ihnen so gut wie keine Privatsphäre bieten kann, verlassen können.

bettentausch fluechtlinge greifswald (Foto Turnhalle: Landkreis VG)

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OB-Wahl 2015: Im Gespräch mit Oberbürgermeisterkandidat Stefan Fassbinder

Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Im Interview sprach Stefan Fassbinder (Grüne), dessen Kandidatur von SPD, Linke und Piratenpartei unterstützt wird, unter anderem über über seine Visionen für Greifswald, sanfte Mobilität, die Mietpreisbremse und die schwere Last des Technischen Rathauses.

Wahlkampf: „Ich versuche nicht, witziger zu sein als Herr Wieland“

FVB: Herr Fassbinder, muss man sich für eine Homestory mit der Ostsee-Zeitung sehr stark verbiegen oder gewöhnt man sich im Laufe eines Wahlkampfes daran und gehört das irgendwann genauso dazu wie Aktionen am Frauentag oder gemeinsame Podiumsdiskussionen mit dem Kandidaten einer Satirepartei?

SF: Also verbiegen muss man sich für eine Homestory der Ostsee-Zeitung nicht, das gehört wahrscheinlich dazu. Ich glaube, viele Wählerinnen wollen nicht nur das Programm — das für mich natürlich im Vordergrund steht — kennenlernen, sondern auch den Menschen dahinter, und natürlich gehören da einige private Sachen dazu. Für mich ist es aber wichtig, dass die Programmpunkte, dass die Art, wie man Politik machen will, im Vordergrund stehen — und ich denke, dass tun sie auch; man sieht das zum Beispiel daran, dass die Podiumsdiskussionen sehr gut besucht sind — das ist für mich das Entscheidende.

Stefan Fassbinder OB-Wahl Greifswald

(Stefan Fassbinder im Wahlkampf, 2015)

Sie haben jetzt schon einige Podiumsdiskussionen mit Björn Wieland bestritten. Für wen ist seine Kandidatur gefährlicher, für ihren Mitbewerber Jörg Hochheim oder für Sie? „OB-Wahl 2015: Im Gespräch mit Oberbürgermeisterkandidat Stefan Fassbinder“ weiterlesen

OB-Wahl 2015: Im Gespräch mit Oberbürgermeisterkandidat Jörg Hochheim (CDU)

Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Grund genug für ein persönliches Gespräch mit Kandidat Jörg Hochheim (CDU) über seine Visionen für die Hansestadt, über Apps im Amt, das Technische Rathaus, den Umgang mit Flüchtlingen und schließlich über die sogenannte Mietpreisbremse. 

FVB: Herr Hochheim, was ist anstrengender: die dritte Podiumsdiskussion gemeinsam mit Björn Wieland innerhalb einer Woche zu überstehen oder eine Homestory mit der Ostsee-Zeitung zu machen?

JH: Ich bin mir ziemlich sicher, dass Björn Wieland nicht ernsthaft glaubt, OB dieser Stadt werden zu können, aber wenn man das vorausschickt, dann hat mir das, was er im Wahlkampf gemacht hat, sehr gut gefallen. Die Homestory der OZ — also wenn man gefragt wird, wie man sein Leben bislang geführt hat — fand ich jetzt nicht so anstrengend.

Jörg Hochheim OB-Wahl Greifswald

(Jörg Hochheim im Interview, 2015)

Wer profitiert stärker von der Kandidatur Björn Wielands, Stefan Fassbinder oder Jörg Hochheim?

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Podiumsdiskussion über bezahlbaren Wohnraum in Greifswald

Bei der Podiumsdiskussion über Wohnraum und Mieten in Greifswald werden sich heute Abend die Diskutanten keinen Zentimeter schenken! Das kündigt nicht etwa das vor kurzem gegründete Aktionsbündnis bezahlbarer Wohnraum für Greifswald (Facebook) an, das zu der Veranstaltung im Bürgerschaftssaal des Rathauses einlädt, sondern es lässt sich vielmehr zwischen den Zeilen einer Eilmeldung von Axel Hochschild — Vorsitzender des CDU-Stadtverbands und wichtigster Mann politischer Realsatire in der Hansestadt — herauslesen.

„Der Wohnungsmarkt ist keine Spielwiese für selbsternannte sozialistische Jungpolitiker!“ (Axel Hochschild, CDU)

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(Montage: Fleischervorstadt-Blog)

Der Kommunalpolitiker, für dessen Partei es in den vergangenen Monaten in Greifswald nicht so gut gelaufen ist — nach verlorener Bürgerschaftsmehrheit und -präsidentschaft drohen jetzt schlimmstenfalls auch noch die Posten des Oberbürgermeisters und des ersten Dezernenten abhandenzukommen — meldete sich noch gestern Nacht mit einer Pressemitteilung auf die ihm eigene Art zu Wort: Das Aktionbündnis würde private Vermieter, Genossenschaftler, „ja selbst unsere WVG“ diskreditieren und ihnen pauschal unterstellen, zu Lasten der Mieter Riesengewinne einzufahren.

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Gehobenes Wohnen: WVG kauft großes Grundstück am Hafen

Für 670.000 Euro wird das derzeit als Parkplatz genutzte Quartier A11 am Hansering an die WVG verkauft. Das beschloss die Greifswalder Bürgerschaft mehrheitlich auf ihrer Sitzung am 13. Mai. Sie überstimmte dabei fünf ihrer Mitglieder, die sich die Veräußerung des Areals anders vorgestellt hätten. „Gehobenes Wohnen: WVG kauft großes Grundstück am Hafen“ weiterlesen