Tabubruch mit Kalkül: AfD unterstützt NPD-Anträge

In der vergangenen Woche sorgten die drei Kreistagsmitglieder der AfD, Andreas Bünning, Matthias Manthei und Gunter Jess, für Empörung unter den übrigen demokratischen Parlamentariern. Sie stimmten auf der Kreistagssitzung in Pasewalk nicht nur für mehrere NPD-Anträge, sondern verteidigten sogar mit einer eigenen Rede eine NPD-Beschlussvorlage, mit der die Wolgaster Kirchengemeinde St.Petri zur Unterlassung des Kirchenasyls aufgefordert werden sollte. Das hat es in der kurzen Geschichte des jungen Kreistags noch nicht gegeben!

PIRATEN: DIE AFD BAUT DARAUF, DASS VIELE BÜRGER DEN SCHWERINER WEG NICHT VERSTEHEN

Bislang orientierte man sich im Kreistag an dem sogenannten Schweriner Modell, auf das sich 2011 die Landtagsfraktionen der demokratischen Parteien Mecklenburg-Vorpommerns verständigten und bei dem es darum geht, keinerlei Initiativen der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu unterstützen. Um populistischen Scheindebatten vorzubeugen, wird seitdem jeder NPD-Antrag mit jeweils einem Redebeitrag aus den Reihen der demokratischen Parteien beantwortet, ehe er beim Votum ohne Zustimmung scheitert.

(AfD-Kreistagsmitglieder v.l.n.r.: Andreas Bünning, Matthias Manthei, Gunter Jess)

Die AfD, die sich gebetsmühlenartig als „Partei des gesunden Menschenverstands“ präsentiert, hat den Schweriner Weg nun verlassen beziehungsweise nie betreten. Gunter Jess erklärt auf der Internetseite des AfD-Kreisverbands, dass er das Modell für verfassungsrechtlich bedenklich hält: „Eine Abmachung, die eine Stigmatisierung einer demokratisch legitimierten Partei, unabhängig von inhaltlicher Auseinandersetzung, vorsieht, ist im Kern selbst zutiefst undemokratisch. Hiermit wird deutlich, wem die Maske vom gesicht [sic!] gerissen werden muß [sic!]. Die AfD´ler stehen nicht für ideologische Grabenkämpfe im Kreistag, sondern für inhaltliche Auseinandersetzung und Sachpolitik nach bestem Wissen und Gewissen.“

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Ergebnisse der Kreistagswahl: CDU siegt, SPD und NPD verlieren Zustimmung

Neben den Wahlen für das Europaparlament und die Greifswalder Bürgerschaft wurde am Sonntag auch über die Zusammensetzung des Kreistags Vorpommern-Greifswald abgestimmt. Dabei konnte die CDU einen deutlichen Stimmenzuwachs (+6,3%) verzeichnen, während SPD und NPD im Vergleich zur Kreistagswahl 2011 fast ein Drittel ihrer Stimmen einbüßten. Die LINKE wird zweitstärkste Partei im Kreis.

HAU DEN LUKAS! CDU SIEGT — SOGAR EX-BOXWELTMEISTER SEBASTIAN SYLVESTER SCHAFFT ES IN DEN KREISTAG

Das beste Ergebnis konnte Arthur König (CDU) für sich verbuchen. Mit 8045 Stimmen besorgte der Greifswalder Oberbürgermeister fast ein Fünftel aller CDU-Stimmen im Alleingang. Der Wahlerfolg (34,6%) beschert den Christdemokraten fünf zusätzliche Sitze, so dass sie fortan 24 der 69 Kreistagsmitglieder stellen werden. Weitere Greifswalder Christdemokraten, die in der kommenden Legislatur im Kreistag sitzen werden, sind Jörg Hochheim, Axel Hochschild, Egbert Liskow sowie der frühere Boxweltmeister und Politneuling Sebastian Sylvester, der mit seiner kurzweiligen Rede auf dem CDU-Kreisparteitag im März zu amüsieren wusste.

Die LINKE ist zwar zweitstärkste Kraft (17,7%) im Kreis, verliert aber einen Sitz und wird jetzt nur noch 12 Mitglieder stellen, darunter MdL Mignon Schwenke und Birgit Socher aus Greifswald. Die SPD verlor im Vergleich zur letzten Wahl 6,3 Prozentpunkte (13,4%) und büßt ganze fünf Sitze ein. Das einzige Greifswalder Mandat der Sozialdemokraten konnte der Student Erik von Malottki erringen.

Eine Nähe zur Hansestadt bringen aber auch der Neuenkirchener Rentner Lothar Brandt und MdL Patrick Dahlemann aus Torgelow mit. Das viertstärkste Ergebnis erzielte die Wählergemeinschaft Kompetenz für Vorpommern (9,8%), die sich mit einem leichten Stimmenzuwachs von 0,3 Prozentpunkten im Kreis etablierte. Der einzige Greifswalder der Liste, der es in den Kreistag schaffte, ist Frank Hardtke.

Die Grünen verloren mehr als ein Drittel ihrer Stimmen (-2,1 Prozentpunkte) und erreichten nur vier Prozent. Dadurch verlieren sie einen Sitz. Ihren Fraktionsstatus haben die Grünen bereits in der vergangenen Legislaturperiode durch den Fraktionsaustritt von Waldemar Okon aufgegeben. Insofern ändert sich gar nicht so viel. Auch die Alternative Liste (AL) konnte ein Mandat erringen (0,9%). Für die AL wird der ehemalige Grüne Gregor Kochhan in den Kreistag gehen, für die Grünen sind Cornelia Kampe aus Greifswald sowie der an der Universität arbeitende Waldemar Okon dabei.

Die FDP (2,2%) verlor zwar Stimmen, behält aber ihre beiden Sitze. David Wulff bleibt der einzige Greifswalder Liberale im Kreistag. Die Piratenpartei erreichte 1,3% und eroberte den Sitz, den sie durch den Streit mit ihrem seit 2012 ausgeschlossenen Mitglied Matthias Bahner in der vergangenen Legislaturperoide verloren hat, zurück. Ihn wird der Greifswalder Martin Banduch besetzen. Die Bürgerliste konnte sich um 0,8 Prozentpunkte auf 1,9% verbessern; für sie zieht der Greifswalder Schulleiter Ulf Burmeister in den Kreistag.

NPD VERLIERT EIN DRITTEL IHRER STIMMEN, AFD GELINGT FLÄCHENDECKENDER EINZUG

Der Alternative für Deutschland gelang in Mecklenburg-Vorpommern der flächendeckende Einmarsch in die Kreistage. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald reichte das erzielte Ergebnis (4,9%) für immerhin drei Sitze. Zwei der Mandatsträger kommen aus der Region: der Greifswalder Gunter Jess und der Richter Matthias Manthei aus Wackerow.

Den Erfolg der AfD bekam auch die NPD zu spüren, die landesweit zehn ihrer 27 Kreistagsmandate verloren hat. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald verschlechterte sich das Ergebnis der Rechtsextremisten um 2,4 Prozentpunkte auf eine nach wie vor alarmierende Zustimmung von 6,6%. Innerhalb der Fraktion — nunmehr die letzte NPD-Kreisfraktion in Mecklenburg-Vorpommern — wird sich indes wenig ändern: Christian Hilse wurde nicht wiedergewählt und scheidet aus, die übrigen Kader machen weiter.

Dazu gehören MdL Michael Andrejewski, MdL Tino Müller sowie Enrico Hamisch, Dirk Bahlmann und Kristian Belz. Obwohl die NPD fast ein Drittel ihrer Wähler verloren hat, kann angesichts der Tatsache, dass sie zusammen mit der AfD auf 11,5% kommt, leider nicht von einer Schwächung des Lagers rechts der CDU gesprochen werden.

  • Wahl des Kreistages im Landkreis Vorpommern-Greifswald (Landeswahlleiterin, 26.05.14)
  • Übersicht aller gewählten Kandidierenden (Landeswahlleiterin, 26.05.14)
  • Wahlergebnis für den Kreistag des Landkreises Vorpommern-Greifswald im Wahlgebiet Greifswald (Greifswald.de, 26.05.14)
  • Deutliche Verluste für die NPD bei der Kommunalwahl (Kombinat Fortschritt, 26.05.14)
  • Kreistagswahlen in M-V enden für NPD im Fiasko (Endstation Rechts, 26.04.14)

Naziangriff auf dem Markt: Nächste Verhandlung gegen Marcus G. *Update*

Zweiter Anlauf: Am kommenden Dienstag soll im Greifswalder Amtsgericht die Verhandlung gegen den Neonazikader Marcus G. nachgeholt werden. Der Prozess sollte ursprünglich im Dezember stattfinden, musste aber wegen einer überraschenden Erkrankung des Angeklagten kurzfristig aufgeschoben werden.

Amtsgericht Greifswald Verhandlung gegen Marcus G.(Foto: Fleischervorstadt-Blog, 12/2013)

Dem aus Berlin stammenden Studenten der Politikwissenschaften Marcus G. wird vorgeworfen, im vergangenen Sommer einen Gegendemonstranten am Rande einer NPD-Kundgebung auf dem Greifswalder Marktplatz angegriffen und verletzt zu haben. Mehrere Augenzeugen und ein Video des Angriffs, das wenige Wochen später auf dem Fleischervorstadt-Blog veröffentlicht wurde, erhärten diese Anschuldigung und könnten nun zu einer Verurteilung wegen Körperverletzung führen. Marcus G. gilt seit einigen Jahren als führende Figur der Greifswalder Neonaziszene. Er wird eng mit den Nationalen Sozialisten Greifswald (NSG) assoziiert. In dem Verfahren wegen des Angriffs auf dem Greifswalder Marktplatz ließ er sich anfangs von MdL Michael Andrejewski (NPD) vertreten, doch mit seiner plötzlichen Erkrankung ging auch ein Wechsel seines Rechtsbeistands einher. „Naziangriff auf dem Markt: Nächste Verhandlung gegen Marcus G. *Update*“ weiterlesen

Digitale Entscheidungshilfen für die Bundestagswahl 2013

Das Ende eines müden Wahlkampfs ist nahe — nur noch acht Tage sind es bis zur Bundestagswahl am kommenden Sonntag. Dann wird nicht nur entschieden, welche Koalition Deutschland in den nächsten Jahren regieren wird, sondern auch, welche Kandidatin das Direktmandat im Frauenwahlkreis 15 Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I erringt.

FRAUENWAHLKREIS 15: WEN WÄHLEN?

Hier wird die amtierende Kanzlerin Angela (CDU) von Kerstin (Die Linke), Claudia (Die Grünen), Sonja (SPD), und Susanne (Piratenpartei) herausgefordert; Gina (FDP) und die beiden Michaelas (NPD und Einzelbewerber) spielen bei diesem Votum höchstens unter ferner liefen eine Rolle.

Doch der Weg zur Wahlentscheidung ist steinig. Wem seine beiden Stimmen also anvertrauen? Oder ist es vielleicht doch besser, sich überhaupt nicht erst zum Wahllokal bemühen und dem politischen System eine legitimatorische Absage durch Nichtwahl zu erteilen?

(Foto: Tim Reckmann / pixelio.de)

Zumindest für das erste Problem kennt das Internet mittlerweile mehrere Plattformen, die als Werkzeug zur Entscheidungsfindung taugen. Ein solches Projekt ist beispielsweise der von der Bundeszentrale für politische Bildung bereitgestellte Wahl-O-Mat. Um hier ein Ergebnis zu erhalten, positioniert man sich selbst zu 38 politischen Fragen, die vom Strompreis über Rüstungsexporte bis zum Adoptionsrecht für Schwule und Lesben reichen. Anschließend kann das so entwickelte Einstellungsmuster mit den Positionen verschiedener Parteien verglichen werden; anzeigt wird dann, mit welcher Partei die programmatische Übereinstimmung am größten ist.

Der Fokus des Wahl-O-Mat liegt dabei klar auf der Zweitstimme — als Entscheidungshilfe für die zu wählende Direktkandidatin taugt er deswegen leider wenig.

WIE GROSS SIND DIE POLITISCHEN ÜBEREINSTIMMUNGEN MIT DEN DIREKTKANDIDATINNEN?

Doch dafür gibt es andere Werkzeuge, wie zum Beispiel das ebenfalls populäre abgeordnetenwatch.de, auf dem die Kandidaten nicht nur sich und ihre Positionen präsentieren können, sondern auch die Möglichkeit haben, direkt und öffentlich Fragen der Nutzenden zu beantworten. Beim angeschlossenen Kandidatencheck wird ähnlich wie beim Wahl-O-Mat zuerst die politische Position des Nutzers erfasst. Dafür werden 24 Thesen angeboten, zu denen man positiv, negativ oder neutral Stellung beziehen kann.

Schon hierbei werden die Positionen der Direktkandidaten des gewählten Wahlkreises angezeigt, sofern diese sich an abgeordnetenwatch.de beteiligt haben — im Fall des Wahlkreises 15 sind das leider nur Kerstin (Die Linke), Claudia (Die Grünen), Sonja (SPD), Susanne (Piratenpartei) und Gina (FDP). Nachdem die 24 Thesen abgearbeitet sind, erscheint eine Auflistung mit den nach größter Übereinstimmung sortierten Direktkandidatinnen.

Entscheidungshilfe für die Vergabe beider Stimmen gibt die Plattform Wen wählen? an die Hand. Auf dieser Seite wird die politische Einstellung der Nutzenden in nicht weniger als 65 Thesen abgefragt, die in unterschiedlicher Gewichtung befürwortet oder abgelehnt werden können. Zuvor gibt es die Möglichkeit, bis zu 18 politische Werte und Ziele zu priorisieren. Anschließend wird eine Auswertung geliefert, die — getrennt nach Erst- und Zweitstimme — die politische Nähe beziehungsweise Distanz zu den jeweiligen Parteien und Direktkandidatinnen abbildet. Zudem sind die Positionen der teilnehmenden Kandidatinnen zu den Thesen abrufbar.

Die digitalen Entscheidungshilfen im Überblick:

WANN UND WO KANN GEWÄHLT WERDEN?

Der Großteil der rund 47.000 Greifswalder Wahlberechtigten wird natürlich am 22. September zur Urne schreiten, doch wer an diesem Sonntag verhindert ist, kann sein Votum auch früher abgeben und die Möglichkeit der Briefwahl nutzen.

Das dazugehörige Wahllokal befindet sich im Keller des Rathauses und ist bis zum 20. September geöffnet. Dort können die Briefwahlunterlagen unter Vorlage eines Ausweisdokuments und der Wahlbenachrichtigungskarte abgeholt werden. Die Öffnungszeiten des Briefwahllokals sind hier zu finden.

Aufgrund der Kreisgebietsreform ist Greifswald kein eigener Bundestagswahlkreis mehr, sondern bildet nun erstmals zusammen mit dem Amt Landhagen und dem Wahlkreis Vorpommern-Rügen den neuen Wahlkreis 15 Vorpommern – Rügen – Greifswald I.

Im Zuge dieser Strukturänderung wurden die Wahlbezirke in der Hansestadt neu eingeteilt — aus 47 alten wurden 35 neue gebildet, so dass es vorkommen kann, dass man plötzlich einem anderen Wahllokal zugeordnet ist als in der Vergangenheit. Diese nach Wahlbezirken sortierte Liste (pdf, 72kb) gibt Aufschluss darüber, welches Wahllokal am Sonntag angesteuert werden sollte.

Anklam: CDU-Mitglied vergleicht NPD-Ausgrenzung mit Judenverfolgung

Nach dem jüngsten Wirbel um die Anklamer Stadtvertreter der CDU, denen fehlende Distanz zur NPD vorgeworfen wurde, reagierte heute mit Marco Schulz ein weiterer Christdemokrat auf die Kritik und schrieb sich dabei um Kopf und Kragen.

AUSGRENZUNG DER NPD ERINNERT AN JUDENVERFOLGUNG IM DRITTEN REICH 

Auf dem von CDU/JU-Mitgliedern vor kurzem gegründeten Pommern-Blog erschien ein von Schulz geschriebener Gastbeitrag. Das Mitglied der Anklamer Stadtvertretung und des Kreistags Vorpommern-Greifswalds konterte die vom Nordkurier publizierten Vorwürfe mit einem pietätlosen und unangebrachten historischen Vergleich, indem er die Judenverfolgung im Dritten Reich verharmloste und mit den gegen die NPD gerichteten Ausgrenzungsbemühungen auf eine Stufe stellte: „Ich erinnere gern an das dritte Reich. Dort wurden solche Bürger letztlich sogar markiert, damit jeder sehen konnte, dass dieser Mensch wegen seiner Anschauung bzw. Religion ein Staatsfeind ist.“

screenshot schulz-anklam.de

(Screenshot schulz-anklam.de)

Selbstkritische Worte über das regelmäßige Beisammensein von Mitgliedern der CDU und NPD sucht man in seinem Text vergeblich. Stattdessen wird Bürgermeister Galander angegriffen: „Nur sollte man sich generell mal die Frage stellen, warum denn die NPD solch Zulauf in unserer Region hat? Sind nicht vielleicht Menschen wie der Anklamer Bürgermeister mitschuldig?“

PARTEIPOLITISCHES PLEMMPLEMM 

Eine Scheindebatte jagt die nächste — mal geht es um die Planung des Anklamer Hansefests, dann stellt Schulz die Frage nach dem Umgang mit früheren Stasi-Mitarbeitern, um im nächsten Augenblick von NPD-Wählern statt von den NPD-Kadern zu fabulieren, mit denen man sonst einträchtig zusammensaß.

In der inzwischen lebendiger gewordenen Diskussion unter dem Beitrag spricht Schulz dann nochmal Klartext und bezeichnet das gemeinsame Kaffeetrinken mit der NPD als offene Auseinandersetzung mit dem Thema Extremismus, gegen den die Junge Union allein in Vorpommern-Greifswald mehr unternehme als die Jusos in ganz M-V: „Ich erinnere gern an das jährliche Osterfamilienfest, unsere traditionelle Sportnacht gegen Gewalt, die verschiedenen Sportturniere mit Jugendklubs oder unsere Weihnachtsmarkstände [sic!], wo sämtliche Erlöse den Kindern und Jugendlichen der Region zukommen. Wer selbst nur redet statt zu handeln, sollte sich beim kritisieren zurückhalten!“

So stellt man sich einen Parteisoldaten vor, der nebelkerzengerade Gewehr bei Fuß steht; und wo einer dieser Soldaten anzutreffen ist, sind die anderen häufig auch nicht weit weg! Egbert Liskow (CDU) aus Greifswald ließ sich die Ehre des ersten Kommentares unter dem unseligen Gastbeitrag nicht nehmen: „Hallo Marco, vielen Dank für Deinen offenen und klarstellenden Bericht.“

  • CDU UND NPD – dazu noch Galander – oh weh!!! (Pommern-Blog, 19.12.12)
  • Kaffeeklatsch mit Michael: In Anklam haben CDU und NPD ihre Berührungsängste überwunden (Fleischervorstadt-Blog, 19.12.12)
  • Vergleich von NPD-Ausgrenzung mit Judenverfolgung (Nordkurier, 19.12.12)
  • Nazis als „moderne Juden“? Schulz (CDU) verteidigt Umgang mit der NPD (Endstation Rechts, 19.12.12)
  • Anklamer CDU lässt die Masken fallen (Kombinat Fortschritt, 19.12.12)
  • Anklam: CDU und NPD vereint? (INO, 19.12.12)
  • Die Ritter der Kaffeerunde (Greifswald-Vorpommern wird Grün, 20.12.12)
  • Eklat in Anklam: CDU-Politiker vergleicht NPD-Ausgrenzung mit Judenverfolgung (ZEIT Online, 20.12.12)
  • Wirbel in Anklam: CDU und NPD an einem Tisch (NDR, 20.12.12)
  • Egbert Liskow (CDU): Klarstellung (CDU Greifswald, 20.12.12)
  • Nationale- und Christ“demokraten“ an einem Tisch! CDU vergleicht Tabuisierung der NPD mit der Judenverfolgung im 3. Reich! (solid-mv.de, 20.12.12)
  • Warum ich mit der NPD keinen Kaffee trinke – Meldungen vom rechten Rand der CDU (Grüne Castrop-Rauxel, 20.12.12)
  • Neo-Nazi ban compared to persecution of Jews (thelocal.de, 21.12.12)
  • Kuschelt die CDU mit den Nazis? (Grüne Vorpommern-Rügen, 21.12.12)
  • Kaffeeplausch mit Neonazis (Neues Deutschland, 21.12.12)
  • Noch ein tragischer Einzelfall in der CDU (Fefes Blog, 21.12.12)
  • Weihnachtsrabatt für Nazi-Vergleiche (Süddeutsche.de, 21.12.12)
  • Anklam: Die CDU, der braune Sumpf und eine scheinbar nie endende Liebesgeschichte (INO, 23.12.12)

Kaffeeklatsch mit Michael: In Anklam haben CDU und NPD ihre Berührungsängste überwunden

„Gruppierungen, die sich hier niederlassen, um in unserer Stadt zu Hass und Gewalt aufzurufen, sind uns nicht willkommen“, hieß es in einer Erklärung, die letzten Donnerstag von der Stadtvertretersitzung verlesen wurde. Das Papier, an dessen Entstehung neben kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Vertretern auch die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien mitwirkten, ist die kommunalpolitische Antwort auf die zum Teil organisierten Übergriffe von Neonazis auf nichtrechte Jugendliche in der Peenestadt.

„ABER SOLLTEN WIR DA ALLE AUFSTEHEN?“

andrejewski endstation rechts

Wie wirkungsmächtig derlei Gesten im Bemühen gegen Rechtsextremismus tatsächlich sind, demonstrieren die Mitglieder der Anklamer CDU-Fraktion beim gemeinsamen Pausenkaffee mit den NPD-Vertretern Michael Andrejewski und Enrico Pflugradt. Dabei handelt es sich um ein Stelldichein mit Tradition, das schon 2009 für konsequenzlose Empörung sorgte, nachdem eine Gruppe von 25 Anklamer Bürgern dem frisch vereidigten Parlamentspräsidenten Karl-Dieter Lehrkamp (CDU) mangelnde Distanz zur NPD vorwarf.

Dieser wies die Kritik zurück, räumte aber ein, dass sich Andrejewski „mal nach einer Anklamer Stadtvertretung an den CDU-Biertisch gesetzt habe“, und gab sich hilflos: „Aber sollten wir da alle aufstehen?“. Lehrkamp bestritt damals gegenüber der Ostsee-Zeitung, dass es regelmäßige Runden mit Andrejewski gegeben habe. Der Anklamer Bürgermeister Michael Galander sieht die Sache anders und äußerte gegenüber dem Nordkurier, dass die Christdemokraten „bereits seit Jahren mit der NPD am Pausentisch“ säßen.

„WAS WOLLEN SIE MACHEN, WENN IN EINER ÖFFENTLICHEN GASTSTÄTTE DIESE FRAGE GESTELLT WIRD?“ 

Um zu dokumentieren, welche Stadtvertreter es mit dem sich offensiv auf die Fahnen geschriebenen Kampf gegen Rechts ernst meinen, fotografierte der Bürgermeister in der Sitzungspause die Kaffeerunde von CDU und NPD. Die Christdemokraten waren darüber sehr erbost und echauffierten sich über die „Stasi-Methoden“ Galanders, die kein gemeinsames Vertrauen aufkommen lassen würden.

Wenig vertrauensförderlich ist jedoch auch das Verhalten der CDU. Lehrkamp bestätigte gegenüber dem Nordkurier zwar, dass die Anklamer Christdemokraten ihre Sitzungspausen gemeinsam mit den NPD-Vertretern verbringen, erklärt die Duldung Michael Andrejewskis in der CDU-Runde, der irgendwann fragte, ob er sich dazusetzen dürfe, jedoch genauso scheinheilig und hilflos wie 2009 gegenüber der Ostsee-Zeitung: „Was wollen sie da machen, wenn in einer öffentlichen Gaststätte diese Frage gestellt wird?“.

„NEIN, HERR ANDREJEWSKI!“ 

Dabei wäre es gerade bei Andrejewski nicht besonders schwierig gewesen, eine entschlossene und deutlich positionierte Haltung an den Tag zu legen und ihm den erbetenen Platz beim christdemokratischen Kaffeekränzchen einfach zu verweigern. Der Neonazi verantwortete 1992 ein Flugblatt, das im Vorfeld der pogromhaften Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen massenhaft verteilt wurde und in dem er und seine Mitstreiter zum „Widerstand gegen die Ausländerflut“ aufriefen. Doch offenbar haben die acht Jahre, in denen Andrejewski in der Anklamer Stadtvertretung saß, ihre Wirkung gezeigt. Man hat sich aneinander gewöhnt, begründete Berührungsängste wurden offenbar fast gänzlich abgebaut.

Tragikomisch ist dagegen einmal mehr der Greifswalder Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow (CDU), der gegenüber dem Nordkurier ulbrichtig beteuerte, „dass seine Parteifreunde in Anklam nicht die Absicht haben, regelmäßig mit den NPD-Leuten zu sprechen und schon gar nicht mit ihnen zusammenzuarbeiten“.

  • NPD und CDU in Anklam an einem Tisch (Nordkurier, 17.12.12)
  • Pausentee mit der NPD in Anklam. Oder: Ein Bürgermeister auf „Antifa-Mission“ (Endstation Rechts, 18.12.12)
  • Leserbrief: CDU ist mit sich selbst nicht ehrlich (Jusos Greifswald, 18.12.12)
  • Caffier will sich nicht den Mund verbrennen (Nordkurier, 18.12.12)
  • Neonaziangriffe in Anklam (Kombinat Fortschritt, 08.05.12)
  • Bürger halten Kreistagspräsident Nähe zu Rechtsextremen vor (Ostsee-Zeitung, 05.11.09)

(Foto: Endstation Rechts, 2009)