Hat uns doch so ein Ferkel wieder in die überregionale Presse gebracht! Anfang der Woche wurde auf einer Damentoilette im Institut für Fennistik und Skandinavistik unterhalb der Sanitäreinbauten eine Kamera entdeckt, die ganz offenbar mit einem Laptop in einem nahegelegenen Arbeitsraum verbunden war, um das Revier der nordischen Königstigerinnen zu überwachen und die Bewegungsabläufe dieser Spezies lückenlos aufzuzeichnen.
Am Sonnabend, dem Internationalen Aktionstag gegen ACTA, findet auch in Greifswald eine Demonstration gegen das umstrittene Handelsabkommen statt, zu der ein breites Bündnis unterschiedlicher politischer Organisationen aufruft.
INFORMATIONSFREIHEIT UND DATENSCHUTZ IN GEFAHR
ACTA ist ein von mehreren Staaten gemeinsam entwickeltes Regelwerk zur Bekämpfung von Produktpiraterie und Copyright-Verletzungen. Gegnerinnen des Abkommens befürchten neben einer noch stärkeren Überwachung und Reglementierung des Internets auch die Zementierung eines veralteten Urheber- und Patentrechts. Sie kritisieren den „intransparenten und von Wirtschaftslobbies geprägten Entstehungsprozess“ von ACTA.
Im Juli soll im Europäischen Parlament über das Abkommen abgestimmt werden. Vor wenigen Tagen haben indes mit dem Rechts-, dem Innen- und dem Industrieausschuss des Europäischen Parlaments gleich drei Ausschüsse gegen ACTA gestimmt und das Abkommen abgelehnt. Einem Gutachten des Innenausschusses zu den Konsequenzen von ACTA zufolge könnten durch das Anti-Piraterie-Abkommen Grundrechte wie Informationsfreiheit und Datenschutz entscheidend einschränkt werden. Die deutsche Bundesregierung hat die Ratifizierung von ACTA vorerst noch ausgesetzt.
EUROPAWEITE PROTESTE, AUCH IN GREIFSWALD WIRD DEMONSTRIERT
Im Februar 2012 protestierten europaweit mehr als 200.000 Menschen gegen das Handelsabkommen. Auch in Greifswald trugen 250 Personen ihren Unmut darüber auf die Straße und demonstrierten für ihre Freiheit im Netz.
Im Aufruf zur Greifswalder Demonstration werden neben der Ablehnung von ACTA im Europäischen Parlament unter anderem auch die Wahrung von Netzneutralität, Datenschutz und informationeller Selbstbestimmung sowie eine Reform des Urheber- und Patentrechts gefordert. Das Greifswalder Stopp-ACTA-Bündnis wird unter anderem von den JuSos, der Piratenpartei Vorpommern-Greifswald, von dieLinke.SDS, von Attac, dem AKJ, von Bündnis 90/Die Grünen Vorpommern-Greifswald und von Occupy unterstützt.
Am Freitagabend sollen Schilder und Transparente gebastelt werden, der Treffpunkt hierfür ist 20.30 Uhr im Sofa. Weitere Informationen zu Demoverlauf und -route sind beim Greifswalder Stopp-ACTA-Bündnis zu finden. Einen Eindruck der letzten Demo gegen ACTA vermittelt der vom Studierendenfernsehen Moritz TV produzierte Beitrag.
Der Fischer Lange aus Freest beginnt sein Tagewerk und legt ab. Auf seinem Schiff ist seit kurzem ein Kamerasystem installiert, das seine Arbeit filmt, das Bordgeschehen aufzeichnet und diese Daten auf einer Festplatte speichert. Lange hofft, auf diese Weise negativen Medienberichten über Fischfang in Deutschland begegnen zu können, seine Fangmethoden transparent zu machen und schließlich als ökologisch nachhaltiger Fischereibetrieb zertifiziert zu werden.
(Foto: Filmstill)
Das Kameraprojekt erfolgt in Zusammenarbeit mit der Tierschutzorganisation WWF.
ÜBERWACHUNG FÜR DEN ARTENSCHUTZ?
Lange findet den Zustand des Überwachtseins als belastend und hat eine Weile gebraucht, um „damit fertig zu werden“. Aber er ist diese Kooperation freiwillig eingegangen, nachdem ihn der WWF diesbezüglich angefragt und ihm eine Zusammenarbeit vorgeschlagen hatte. Insgesamt drei Heringskutter stattete die Naturschutzorganisation mit Kamerasystemen aus, um den Beifang von Seevögeln in der Stellnetzfischerei zu vermeiden.
Was genau mit den Aufzeichnungen passieren wird, weiß der Fischer jedoch nicht. Eine verpflichtende Einführung von Kameras auf Fischerbooten lehnt Lange ab. Er freut sich schon auf die Zeit, wenn sein Überwachungssystem endlich wieder demontiert sein wird. Ein sehenswertes Portrait von NordostTV.
Die Greifswalder Dependance der linken Rechtshilfeorganisation Rote Hilfe macht auf einen Zwischenfall aufmerksam, in dessen Verlauf eine Person aufgrund ihrer vermuteten politischen Einstellung mit der Polizei in Kontakt gekommen sein soll.
Nach den Schilderungen der Roten Hilfe sei am vergangenen Freitagnachmittag eine Verkehrskontrolle wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz durchgeführt worden, die sich als haltlos erwiesen habe. Anschließend versuchten die Beamten erfolglos, die Person in ein Gespräch zu verwickeln.
„DER VERFASSUNGSSCHUTZ MACHT DA JA NE GANZ GUTE ARBEIT“
Soweit nichts Außergewöhnliches, doch einer der Beamten wusste offenbar schon vor der Identitätsüberprüfung über die betroffene Person Bescheid.
Der kontrollierende Polizist wusste vor der Überprüfung der Identität durch die Kollegin, was an Datensätzen über die nicht vorbestrafte Person gespeichert ist. Eine Zuordnung der Person über das Autokennzeichen im Vorfeld der Kontrolle, kann ausgeschlossen werden, da dieses nicht auf die Person zugelassen ist.
Im weiteren Verlauf der Kontrolle wurde versucht die Person einzuschüchtern. So kommentierte der Beamte das Verlangen nach einem Beleg über die negative Kontrolle mit den Worten: „das ist so nen Antifa-Scheiß, den ihr euch ausdenkt“. Auf Rückfrage, wie der Beamte zu dieser Behauptung komme, erwiderte der Beamte: „der Verfassungsschutz macht da ja ne ganz gute Arbeit“.
Die Rechtshilfeorganisation kritisiert das Vorgehen der Beamten und deutet die Äußerungen als Einschüchterungsversuch. Außerdem wirft sie die Frage auf, ob im vorliegenden Fall „ein behördenübergreifender illegaler Informationsaustausch“ stattgefunden hätte, der politisches Engagement kriminalisiere.
In zwei Tagen wird ein Castor-Transport aus dem badischen Karlsruhe durch Greifswald ins ZwischenLager nach Lubmin fahren. Wie schon beim letzten Transport im Dezember 2010 mobilisiert das Anti-Atom-Bündnis NordOst zum Protest gegen diesen Transport. Eine der beiden Pressesprecherinnen dieser Gruppe ist Sophie Hirschelmann, die im folgenden Gespräch über die Arbeit und Struktur des Bündnisses, Mahnwachen und Sitzblockaden, abgehörte Telefone und Polizeikontrollen, das Verkehrschaos beim letzten Mal und über die neue Dezentralität Auskunft gibt.
Sie lebt seit 2007 in Greifswald, studiert Landschaftsökologie und Naturschutz und engagiert sich unter anderem bei GrIStuF.
„Man muss sich zusammentun, um strukturiert etwas zu bewegen“
FLV: Seit wann bist du im Anti-Atom-Bündnis NordOst aktiv
SH: Zu Beginn des letzten Wintersemesters und mit Hinblick auf den Castortransport ins Wendland und dann hierher nach Lubmin habe ich mich entschlossen, mich dagegen zu engagieren und dazu beizutragen, dass das hier ein Thema wird und der Protest auch hierher kommt.
FLV: Das Bündnis wirkt sehr vielschichtig. Wie ist es strukturiert?
SH: Im Bündnis wirken sehr viele mit, nicht nur Studierende, auch ältere Menschen, die hier herkommen oder schon lange hier leben und arbeiten. Diese Menschen kommen nicht nur aus der Stadt, sondern auch aus kleineren Dörfern der Umgebung.
Am Anfang haben wir uns relativ strukturlos zusammengefunden, weil wir dachten, man müsse sich zusammentun, um strukturiert etwas zu bewegen. Seitdem treffen wir uns in Plena und haben eigentlich eine relativ unhierarchische Struktur, auch weil wir Konsensentscheidungen anstreben. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen, zum Beispiel eine Aktions-, eine Infrastruktur-, eine Infonetz- und eine Pressegruppe.
FLV: Du bist in der Pressegruppe, was machst du da?
SH: Ich schreibe Pressemitteilungen, behalte im Auge, was in den Medien erscheint und versuche nach außen zu tragen, was unser Anliegen ist, was wir fordern und wie wir versuchen, das umzusetzen.
FLV: Im KLEX gibt es eine eigene Presselounge?
SH: Ja, die ist auch schon offen. Sie ist als Raum für die Pressevertretenden gedacht, wo sie ein WLAN nutzen können und Raum haben, sich mit uns oder mit anderen Interviewpartnern zu treffen.
„Die Presseleute wissen genau, was für Bilder sie wollen“
FLV: Bei der Auftaktdemo waren sehr viele Pressearbeiter. Wie gut funktionierte die Zusammenarbeit mit denen?
SH: Wir als Pressesprecher — wir sind zu zweit — mussten den Medienvertretern schon einigermaßen hinterherrennen, um an sie heranzukommen, unsere Pressemitteilungen zu übergeben und ihre Telefonnummern zu erfragen. Wir machen eine Presseakkreditierung und haben einen SMS-Verteiler, um die Journalisten im Falle von Aktionen sofort benachrichtigen zu können. Grundsätzlich wissen sie aber schon ganz genau, was für Bilder sie wollen und wen sie interviewen möchten, zum Beispiel Claudia Roth bei der Auftaktdemo.
FLV: Auf die nächsten Tage habt ihr seit Wochen hingearbeitet. Was wird hier so laufen?
SH: Wir arbeiten, seitdem der letzte Castor in Lubmin angekommen ist und wir die Ereignisse aufgearbeitet haben. Zuerst haben wir versucht herauszufinden, wann der nächste Transport stattfinden wird. Jetzt läuft die Vorbereitung auf den sogenannten Tag X, wenn der Castor schließlich fährt. Wir tun viel für die Mahnwachen auf der Strecke Greifswald-Lubmin, bauen sie mit auf, statten sie mit aus.