Vorabdruck eines Beitrags von Prof. em. Dr. Jürgen Link aus der kommenden Ausgabe der „kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie„
1933 verlieh Hermann Göring persönlich der Universität Greifswald den als Ehrentitel verstandenen Zusatz »Ernst-Moritz-Arndt-Universität«. Das geschah auf Bitten von Greifswalder Nazi- oder nazinaher Profs, die sich davon eine Aufwertung versprachen. Denn der auf Rügen geborene Arndt galt als Pommer, und er galt als einer der frühesten und wichtigsten Vordenker des Nationalsozialismus. 1945 erlosch mit dem Nazismus zunächst auch der Ehrentitel — bis ihn die DDR für sich beanspruchte und damit sozusagen konsakrierte.
Das konnte sehr überraschen — weil die damaligen Deutschen, einschließlich der von den Nazis vertriebenen Juden, Sozialisten, Kommunisten und Radikaldemokraten, sämtlich einige einschlägige Verse des »Dichters der Befreiungskriege« (gegen Napoleon) in der Schule hatten auswendig lernen müssen. Verse wie
»Was ist des Deutschen Vaterland?/ So nenne mir das große Land!/ Ist’s Land der Schweitzer? Ist’s Tirol?/ Das Land und Volk gefiel mir wohl./ Doch nein! nein! nein!/ Sein Vaterland muss größer sein!«
In fünf Strophen kommt der Refrain fünfmal, und dann die schaurigschöne Strophe: »Das ist des Deutschen Vaterland,/ Wo Zorn vertilgt den wälschen Tand./ Wo jeder Franzmann heißet Feind,/ Wo jeder Deutsche heißet Freund.« Oder das berühmte »Der Gott, der Eisen wachsen ließ«. Das sollte plötzlich nicht zur Archäologie des Nazismus, sondern der DDR gehören? „Chronik der laufenden Konterkulturrevolution: ARNDTernative für Deutschland in Greifswald?“ weiterlesen