Heute kommt die Kanzlerin *update*

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) besucht heute Greifswald und gewährt der hiesigen CDU-Garde prominente Unterstützung; die ist für den black bloc auch wichtiger denn je. In den vergangenen Wochen häuften sich für die Konservativen die Ungereimtheiten und Krisen, zum Beispiel in Gestalt eines neuen Spendenskandals oder in der Konfrontation mit der Freiwilligen Feuerwehr. Nun kommt Frau Merkel und alles soll vergessen werden. Man darf gepannt sein, wer sich noch alles um 15 Uhr auf dem Markt einfindet. Aktionistische Besucherinnen seien an dieser Stelle vor den Polizeikontrollen gewarnt.

Die Veranstaltung war dann an und für sich eher unspektakulär. Das Kinderfest entpuppte sich als Hüpfburg und ein Heer von Personenschützern und Polizisten trübte die Stimmung. Merkwürdig, dass wenige Politiker immer derartig martialisch beschützt werden müssen, das Wort Bürgernähe kriegt da einen ganz anderen Klang. Merkels Rede war auf die Zuhörer in Greifswald zugeschnitten: ein bisschen Maritimität (Werften und Fischfang), ein bisschen Tourismus, ein wenig DDR und einige Seitenhiebe an die anderen Parteien. Wirkliche Ideen wurden nicht geboten. Danke nochmal für die Bekundung, die Tourismusregion MV durch PR-Aktionen anzustoßen und bekanntzumachen. Ich persönlich schlage vor, diese Millionen zu sparen und dafür auf das Steinkohlekraftwerk zu verzichten. Denn der Schaden durch das Kraftwerk, den die hiesige Tourismusindustrie erleiden wird,  dieser Schaden lässt sich nicht mit einer Anzeige in einer bundesweit erscheinenden Zeitung beheben.

A propos Kraftwerk: Der CDU-Wahlzeitung ist zu entnehmen, wie sehr sich die Steinkohlekraftwerksbefürworter für die Umwelt in Greifswald einsetzen wollen:

4. Umweltstadt Greifswald weiter ausbauen! Sparsamer Umgang mit unseren Ressourcen spart das Geld aller Bürger und sichert die Zukunft der nächsten Generationen. Neben der notwendigen Straßensanierung und dem Bau weiterer Kreisverkehre ist uns der Ausbau von Radwegen sehr wichtig. Solardach-Initiativen werden wir ebenfalls fördern. Wir lehnen die Zweitwohnsitzsteuer für Kleingärtner ab, um den Erhalt ihrer „Grünen Oasen” zu unterstützen.

Nicht gerade überzeugend, wie die CDU plötzlich auf Umweltschutz macht!

Stralsunder Straße 10, Immobilienhandel und soziale Verantwortung

Das Berliner Petruswerk hat sich in den vergangenen Monaten nicht nur Freunde in Greifswald gemacht. Zweifelhafte Berühmtheit erlangte das Berliner Unternehmen um den Immobilienspekulanten Douglas Fernando durch den Kauf der Stralsunder Straße 10, kurz Straze.

Die Bürgerinitiative zur Rettung des Hauses klagte immer wieder über Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit Fernando, der entgegen seinen Selbstdarstellungen Gespräche blockierte und auf konkrete Anfragen nicht reagierte.

Derweil leidet die Bausubstanz, das Dach wird langsam abgedeckt und auch bei einem Wasserrohrbruch wurde nicht sofort reagiert, ungeachtet der Hinweise der BI. Offensichtlich spielt hier jemand auf Zeit.

ÜBER HUNDERT NEUE ATTRAKTIVE STUDENTENAPARTMENTS

Zeitungsöffentlich wurde Fernandos Bauvorhaben heute nochmal aktualisiert und die OZ frohlockt, dass Greifswald bald um 110 attraktive Studentenapartments reicher werden könne. Die Lokalzeitung orakelt weiter, er hätte „das geschichtsträchtige Haus auf Wunsch der Universität vor zwei Jahren gekauft“.

Nun würde er es erst für den doppelten Kaufpreis (600.000 Euro) veräußern. Involvierte sprechen bei dieser Summe sogar vom Dreifachen des Kaufpreises. Das Preisgefälle begründet Fernando mit Planungs- und Entwicklungskosten von über 300.000 Euro. Das ist ganz schön viel.

Auf der Internetseite des Unternehmens wird die selbstgestellte Frage, was das Petruswerk einzigartig mache, freimütig beantwortet: „Es ist die soziale Verantwortung, der wir uns verpflichtet fühlen. Unser Ja zum Menschen.“

Fernando bietet dem aus der Bürgerinitiative hervorgegangenem Verein Kultur- und Initiativenhaus an, den Saal in der Straze zu mieten, während im restlichen Teil des Hauses Studentenwohnungen installiert werden.

Es ist natürlich klar, dass sich so schallschutzbedingt weder ein Konzerthaus noch eine Theaterspielstätte etablieren kann. Die Vorwürfe, den Abriss des denkmalgeschützen Hauses beantragt zu haben, wies Fernando zurück: „Das war anfänglich nur kurz im Gespräch“

AKADEMIEPARK KOMMT – MIRA MUSS GEHEN

Das Petruswerk ist allerdings auch an anderer Stelle in der Stadt unternehmerisch aktiv. In der Anklamer Straße haben die Berliner ein etwa 9500m² großes Grundstück gekauft. Dazu gehört auch der Gründerbau Ecke Stellingstraße, dessen Keller das mira beheimatet, das sich nun nach einem neuen Standort umsehen muss.

Die Entwürfe auf der Internetseite des Unternehmens sind nicht aufregend und erinnern eher an die architektonischen Albträume von Youniq denn an schönes Bauen.

Laut webMoritz sollen dort 400 Studentenwohnungen,  „vor allem Einzimmer-Appartements, aber auch Wohnungen für Paare, für Behinderte und für Wohngemeinschaften, entstehen“.

WIE GEHTS WEITER?

Das Petruswerk pokert in der Stralsunder und schafft Tatsachen in der Anklamer Straße. Es bleibt zu hoffen, dass der Verein Kultur- und Initiativenhaus es doch noch irgendwie schaffen kann, die Immobilie vor dem Tod durch Sanierung zu bewahren und ein neues sozio-kulturelles Zentrum zu schaffen. Aber das wird eine schwierige Aufgabe.

Ein Blick auf die Liste der Gruppen und Initiativen, die früher in der Straze Arbeits- und Lebensraum gefunden haben, mag erhellend dazu beitragen, den Sinn eines sozio-kulturellen Zentrums zu erkennen. Zu den Nutzern des Hauses vor dem Verkauf zählten: das Caspar-David-Friedrich-Institut (Ateliers), das Historische Institut, der Hochschulsport, das Studententheater, GrIStuF, radio 98eins, Greenpeace, HSG UniGryps, die Tanzgruppe „Laribundus“, die Moritz-Gruppe, die BUND-Ortsgruppe, AK Ökologie, die BI Kernenergie und ein Kinderzirkus.

Einige der Gruppen sind heute quasi obdachlos, andere sind in Gebäuden untergebracht, deren Nutzung aus baupolizeilichen Gründen terminiert ist (z.B. Moritz Medien und GrIStuF in der Wollweberstraße).

Der Bedarf für ein Zukunftprojekt Straze besteht offenkundig, eine Betriebsstruktur wurde geschaffen und Gelder für den Immobilienkauf sind akquiriert worden. Jetzt müssten sich nur noch Douglas Fernando und das Petruswerk ihrer sozialen Verantwortung verpflichtet fühlen.

(Bildquellen: Feldweg via Flickr, Petruswerk, BI Straze)

*Update*

Eine aktualisierte und ausführliche Zusammenfassung der Immobiliengeschäfte, die das Petruswerk in Greifswald unternahm, ist im Beitrag Die Greifswalder Einkaufstour des Immobilienmagnaten Douglas Fernando zu finden.

Vernissage in der Alten Bäckerei

Vor knapp einem Monat wurde hier schon einmal auf die Beteiligung der Alten Bäckerei an der überregionalen Kunst Offen hingewiesen. baeckerei kunstoffenDiese Veranstaltung findet seit nunmehr 14 Jahren alljährlich zu Pfingsten statt. Auch wenn der künstlerische Gehalt vieler Angebote zweifelhafter Natur ist, so ist sie ein Gewinn in Sachen Naherholung und sicher ein Highlight für kunsthandwerklich Interessierte. Heute Abend werden in der Mehringstraße (Ecke Feldstraße) um 18 Uhr die Türen geöffnet werden. Eingeladen wird zur gemeinschaftlichen Vernissage Zeichnungen.

Interessierten bot sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, Zeichnungen auf A4 zu bannen, sie mit einem Namen zu versehen und in der Alten Bäckerei abzugeben. Die ausgestellten Zeichnungen werden nach der Vernissage noch vom 30. Mai bis zum 01. Juni zwischen 10 und 18 Uhr in den gleichen Räumlichkeiten zu sehen sein.

Das komplette Faltblatt für Kunst Offen liegt hier bereit.

KUNST OFFEN BEI TOMAS RAABE ERLEBEN

Weg zu Kunst Offen nach Klein Karrendorf
Weg zu Kunst Offen nach Klein Karrendorf

Ausdrücklich ans Herz legen möchte ich den Besuch bei Tomas Raabe in Klein Karrendorf. Sein Haus ist dank der Kunst-Offen-Flaggen leicht auszumachen und zu sehen gibt es Collagen und Holzarbeiten von ihm und Jörg Rajchowski.

Vernissage wird in Klein Karrendorf am Sonnabend um 17 Uhr gefeiert, Sonntag wird um 20 18 Uhr eine Lesung aus Tomas Raabes Reiseromanen stattfinden und schließlich die Finissage am Pfingstmontag um 15.30 Uhr. Kulinarisch scheinen die Veranstalter mit Kaffee und Kuchen, Oliven und Wein gut aufgestellt zu sein.

Vor allem aber ist das Haus eine Reise wert und nicht selten enden diese Abende ganz dörflich am Lagerfeuer.

Mecklenburgische Aktionsfront verboten

Unangenehme Überraschung für die Mecklenburgische Aktionsfront (M.A.F.): Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) ließ der rechtsextremen Organisation heute früh eine Verbotsverfügung zustellen.

Dazu erklärte er: „caffier im büroDie M.A.F. verherrlicht den Nationalsozialismus, sie äußert sich antisemitisch und rassistisch und handelt nach Art. 18a der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern verfassungswidrig. Folglich habe ich die Kameradschaft verboten. Ich werde auch in Zukunft den Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen, das heutige Verbot steht für Null Toleranz!“

Die M.A.F. war vor allem im Raum Neubrandenburg/Neustrelitz aktiv und machte unter anderem dadurch auf sich aufmerksam, dass sie im Januar 2009 die Record Release Party von Feine Sahne Fischfilet in Loitz verhinderte. Damals wurde eine massive Drohkulisse gegenüber linken Aktivitäten aufgebaut.

Auf der Internetseite der rechtsextremen Gruppe heißt es zum Verbot: „Als Würdigung der langjährigen, ruhmreichen, professionellen und aktionsorientierten Arbeit der Mecklenburgischen Aktionsfront erfolgte heute die Zustellung des Verbotes durch die Heerscharen des Ministers für die Sicherheit im Staate MV. Alle ehemaligen Aktivisten sind aufgefordert, sich ihre langjährige Dienstzeit in den Reihen der M.A.F. bescheinigen zu lassen, da diese durchaus relevant für spätere Pensionsansprüche sowie Opferrenten für Verfolgte des BRD-Regimes sein werden. Darüberhinaus ist noch vorhandenes Propagandamaterial auf keinen Fall weiter zu verwenden. Einzelexemplare können aber gern an das Deutsche Historische Museum gesandt werden oder nett konserviert für die Enkel aufbewahrt werden. 

Nach dem jüngsten Verbot der Heimattreuen Deutschen Jugend wird also auch weiterhin die Gelegenheit geboten, Treuepunkte durch Mitgliedschaft in verbotenen Vereinigungen zu erwerben. Als Anreiz für die weitere Steigerung der politischen Aktivitäten werden wir auch eine Auszeichnung in Form einer “Verbotsspange am schwarz-rot-goldnen Band” stiften, die es in den Stufen bronze, silber und gold zu erwerben gilt. Wir sehen diese Angelegenheit jedenfalls sportlich…

NS: Für einen guten Zweck gibt es eine Originalunterschrift von Lorenz Caffier zu versteigern 😉

Kay Bolick vom Rostocker Opferhilfe-Verein LOBBI e.V. gibt allerdings zu bedenken, dass das rechte Netzwerk trotz des Verbotes weiter existieren würde:  „Ob das hilfreich ist, muss bezweifelt werden“, so Bolick gegenüber der dpa. Ein Verbot ist auf jeden Fall erstmal gut, solange sich das Engagement gegen Rechts nicht in solchen Verfahren erschöpft und die dann zu reinen Ablenkungsdebatten verkommen.

(Bildquelle M.A.F.: neubrandenblog.de)

 

Moritz TV widmet sich dem Nordischen Klang

Anfang Mai fand in Greifswald zum achtzehnten Mal das skandinavische Kulturfestival Nordischer Klang statt. Anlass genug für Moritz TV, ihre jüngste Sendung der Veranstaltungsballung zu widmen.

Der erste Teil stellt zwei Studentinnen vor, die beim Nordischen Klang aktiv sind. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber dennoch einigermaßen witzig ist ein kurzer landeskundlicher Überblick über Finnland. Danach reihen sich Eindrücke von der Eröffnungsveranstaltung.

Der zweite Abschnitt beinhaltet ein langes und unterhaltsames Interview mit dem scheidenden Festival-Mitorganisatoren Walter Baumgartner und es wird das Konzert von Stockholm-Lisboa-Project begleitet. Von dieser Band wird auch eine CD verlost.

Der dritte Teil bietet Interviews mit den Finnen Domination Black und dem norwegischen Musiker Haakon Haga. Ausserdem gibt es Eindrücke vom Impro-Battle zwischen Improsant aus Greifswald und einer norwegischen Theatergruppe im IKUWO zu sehen.

Friethjof Strauß, der künstlerische Leiter des Nordischen Klangs, läutet den viertel Teil der Sendung ein. Daran fügen sich ein Interview mit dem Aktionskünstler Petter Gantelius und Aufnahmen seiner Show. Schließlich gibt der Abspann über die personellen Verantwortlichkeiten der Sendung Aufschluss.

Ruinös oder profitabel? Das Kulturklang-Festival in der Klosterruine

Weitesgehend abgekoppelt von den klassischen Veranstaltungsstrukturen wird am Pfingstwochenende ein kleines Festival in der Klosterruine Eldena stattfinden.

Unter dem Namen Kulturklang wird das Gelände für ganze drei Tage in Beschlag genommen. Es werden verschiedene Betätigungsfelder zwischen Kinderschminken, Kleinkunst und Konzerten vereint. Das komplette Programm lässt sich hier nachvollziehen.

kulturklang festival

Auffällig sind sofort die niedrigen Eintrittspreise der Veranstaltung, das 3-Tage-Ticket kostet Erwachsene nur 7€ (Studenten bezahlen dafür sogar nur 6€) und am Kindertag bekommen die Kinder freien Eintritt. Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Veranstalter nicht gewaltig überschätzen. Laut deren Kalkulation müssen nämlich ganze 3250 Leute die Veranstaltung besuchen.

Diese Zahl halte ich für viel zu hoch angesetzt, denn erstens konkurrieren die Organisatoren mit dem Immergut-Festival und zweitens dürften erfahrungsgemäß unheimlich viele Leute die zusammenhängenden freien Tage nutzen, Greifswald den Rücken zu kehren.

Zur Erinnerung: einst fand am gleichen Ort jährlich das Klosterspektakel statt. Dort erreichte man nur selten mehr als 1800 zahlende Gäste, und das in Anbetracht eines wesentlich ambitionierteren Bookings. Das Kulturklang-Festival verzichtet völlig auf Publikumsmagneten, allenfalls die Songwriterin Kitty Solaris ist vielleicht noch ein wenig bekannter. Das Gros der Künstler (mit überwiegend anhaltinischer Herkunft) ist gänzlich unbekannt.

So bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter mit dem umfangreichen Kinderprogramm Zahlungswillige locken können. Kasperle-Theater, Höspiel-Jurte und Kinderschminken versprechen ja zumindest den Jüngsten angemessene Unterhaltung. Abends wird es – soweit nicht massiv vom Kunstlicht illuminiert – eher düster aussehen, denn die Lautstärkerestriktionen sind hart und wer nicht mit einer bombastischen Partynacht lockt, wird wohl kaum die optimistische Besucherinnenzahl erreichen.

Ich hoffe inständig auf gutes Wetter und zahlreiche Gäste; nicht zuletzt, weil ich grundsätzlich (beinahe) jeden kulturellen Impuls in Greifswald begrüße.