Gastbeitrag: Von einen und von anderen Seiten oder wie ein Castor aus der Nähe wirkt

Ein Gastbeitrag von Stan

So oft wie am vergangenen Sonntag habe ich bisher selten regelmäßig die Nachrichten im Radio verfolgt. Und dass ich um Freunde und Bekannte so besorgt bin wie im Augenblick, ist auch bereits reichliche zwei Jahre her. Was damals der G8-Gipfel in Heiligendamm war, ist gegenwärtig die Situation in und um Dannenberg und Gorleben.

NEUE GEWALTBEREITSCHAFT ANGREIFENDER AKTIVISTEN

Nachdem ich am vergangenen Samstag zum ersten Mal selbst das Wendland und den Protest dort auf der Auftakt-Kundgebung erlebt habe, erzürnt mich heute so manche Aussage und Stellungnahme öffentlicher Bedenkenträger oder selbstverliebter Zeitungsartikelkommentaroren umso mehr. Und es erschreckt mich die kognitive Dissonanz, mit der zum Teil (zehn)tausenden von Menschen, die ihrem Willen und Sehnen Ausdruck verleihen, der Stempel der Gewaltbereitschaft, der Verharmlosung von Straftaten oder der Ignoranz demokratischer Entscheidungen aufgedrückt wird.

Nachdem ich gestern erlebt habe, wie bunt, gesellschaftlich heterogen und um jeden Preis friedlich die Demonstrant_Innen aufgetreten sind, habe ich mich heut so manches Mal verwundert gefragt, ob dieselbe Demo und dieselben Menschen gemeint sind, wenn Polizeisprecher_Innen von einer neuen Eskalationsstufe der Gewaltbereitschaft und von angreifenden Aktivist_Innen sprechen. Sämtliche Aufrufe und Planung zum Widerstand gegen den Castor sind im Vorfeld und auch auf der samstäglichen Kundgebung unter der strikten Vereinbahrung der Gewaltlosigkeit erfolgt. „Gastbeitrag: Von einen und von anderen Seiten oder wie ein Castor aus der Nähe wirkt“ weiterlesen

Nächste Woche in Greifswald: Infostände der NPD blockieren! 5x *Update*

Obwohl von bestimmten Kreisen immer wieder versucht wird, die hiesige Rechtsextremismus-Problematik zu relativieren, sind die Neonazis präsent und in der kommenden Woche auch greifbar.

Kein Raum für Nazi-Propaganda!

Die NPD-Landtagsfraktion soll für den 10. November in Greifswald zwei Infostände angemeldet haben. Wie auch im Vorjahr werden die Neonazis sowohl auf dem Fischmarkt als auch am Thälmannring versuchen, ihr menschenverachtendes Propagandamaterial unter die Leute zu bringen. Damit das nicht gelingt, wird es auch am kommenden Mittwoch wieder vonnöten sein, Bürgerinnen und Passanten auf das Gedankengut, dem die rechten Wahlkämpfer anheimgefallen sind, aufmerksam zu machen.

Bei den NPD-Ständen im April und Oktober hat diese Mischung aus Aufklärung und Störung sehr erfolgreich geklappt, zumindest am Fischmarkt. Dieses damals wenige Minuten nach der Aktion am 15. April zusammengeschnittene Video zeugt davon:

Für Enttäuschung sorgte im Vorjahr allein Oberbürgermeister Arthur König (CDU), der sich damals am 28. Oktober PR-bewußt neben dem Rathaus als Bürgermeister der Fahrradhauptstadt Greifswald fotografieren zu lassen, während einige Meter weiter die NPD ihren Infostand betrieb. Hier hätten sich viele ein deutliches und unmissverständlich antifaschistisches Signal des Stadtoberhauptes gewünscht. Farbe bekennen allzu häufig die anderen und aus dem Rathaus kommt bis auf die Koordinatorin des Präventionsrates, Dr. Christine Dembski, zumeist wenig.

Was getan werden kann

Noch ist nicht genau bekannt, wann genau die NPD Position beziehen wird, sicher ist nur, dass dann sehr schnell sehr viele Menschen vor Ort sein sollten, um zu zeigen, dass dieses Ideen hier nicht erwünscht sind. Und dabei ist außerdem zu beachten, dass die Neonazis nicht nur am Fischmarkt, sondern auch in Schönwalde stehen werden.

Wer nicht alle Hände voll Schotter hat, könnte entsprechende Transparente vorbereiten. Auch die Neonazi-Schilder des letzten Jahres haben sich bewährt. Lasst Euch nichts gefallen und seid kreativ!

Für den kommenden Mittwoch heißt die Devise also, Augen und Ohren offen zu halten. Wer twittert oder in sozialen Netzwerken unterwegs ist, kann multiplikatorisch die aktuellen Ereignisse und Standorte weiterverbreiten und so vielleicht noch mehr Leute mobilisieren. Mein vorgeschlagener Hashtag hierfür lautet #nazishgw.

Pack die Winterjacke ein!

Wer sich dann am Mittwoch zu den beiden Schauplätzen begibt, sollte vielleicht die Winterjacke mit Kaputze auftragen, denn beim letzten NPD-Auflauf bekannte sich Oberbürgermeister Artur König zwar nicht zum Widerstand gegen die Neonazis, leistete aber dafür den anwesenden Polizeibeamten Amtshilfe und ließ sie vom Rathaus aus die antifaschistischen Demonstranten fotografieren.

Außerdem ist das rechte Greifswalder Milieu inzwischen etwas differenzierter geworden und es werden sich ganz bestimmt auch die jungen Menschen in das Geschehen mischen, die sich unter dem Label Autonome Nationalisten einigermaßen gut beschreiben lassen. In den letzten Wochen und Monaten waren diese jungen Männer häufig mit von der Partie, undercover und fotografierend, zum Beispiel bei der Senatssitzung über den umstrittenen Namenspatron Ernst Moritz Arndt, bei der ersten Demonstration gegen Stuttgart21 am Greifswalder Bahnhof oder der 24-Stunden-Vorlesung des vergangenen Wochenendes.

Lasst uns auf die Straßen gehen und zeigen, dass Neonazis hier nichts verloren haben und absolut unerwünscht sind! Informiert Freundinnen und Bekannte, haltet euch in Bereitschaft und macht nicht nur am Mittwoch der NPD das Leben schwer!

*Update* 08.11.

Inzwischen sind genauere Zeitangaben für die beiden geplanten Infostände durchgesickert, die als Orientierungshilfe dienen können, aber ohne Gewähr sind.

*Update* 10.11.

Aktuelle Informationen über den Infostand gibt es bei Twitter unter dem Hashtag #nazishgw oder auf diesem Account zu finden.

*Update* 10.11. 12.20 Uhr

Die NPD hat sich bis jetzt nicht auf dem Fischmarkt blicken lassen, dafür aber vier Polizeiwagen. Gerüchten zufolge soll die NPD jetzt in Schönwalde stehen, dort konnten sie aber noch nicht gesichtet werden. Jetzt wurde das NPD-Mobil wieder in der Innenstadt gesehen- die Nazis gehen wohl doch auf den Fischmarkt. Hingehen und stören!

*Update* 10.11. 12.37 Uhr

Die Nazis fahren kreuz und quer durch die Stadt. Jetzt waren sie kurz am Fischmarkt und sind Richtung Bahnhof gefahren. Lest den verlinkten Twitter-Ticker und bleibt am Ball. Nazis wegbassen!

*Update* 10.11. 14.57

So richtig kriegen die Nazis ihre Füße nicht auf den Boden. In den vergangenen zwei Stunden fuhren sie kreuz und quer durch die Stadt, machten zwischenzeitlich sogar am Baumarkt Gützkower Landstraße halt. Ob da heute noch was geht? Für die NPD-Kader dürfte es eine sehr frustrierende Erfahrung gewesen sein. Es ist inzwischen durchgesickert, dass die Stände bis 18 angemeldet seien sollen, Entwarnung kann für heute also erst in drei Stunden gegeben werden.

Der webMoritz twitter indes: PM der Stadt: NPD baut mit Hilfe ihres Wahlkampfmobils illegale Infostände auf. Polizei und Stadt sprechen NPD Platzverweise aus.

Bleibt bitte wachsam. Wenn ihr das bäckereiautoartige NPD-Mobil seht, twittert die Nachricht bitte und nutzt dafür den Hashtag nazishgw.Eine Art Ticker gibt es hier.

Fakten: 10.11. | 10-12 & 13-17 Uhr | Fischmarkt & Schönwaldecenter

Schon wieder eine Brandstiftung in der Mühlenstraße

Biggi Schulz kam im Sommer 2010 der Liebe wegen nach Greifswald. Nur kurz nach ihrem Einzug in der Mühlenstraße wurde in dem von ihr bewohnten Haus ein Brand gelegt, bei dem glücklicherweise nichts passiert ist. Es blieb die Enttäuschung der Betroffenen über die unmotivierte Polizeiarbeit. Wenig später eröffnete die Rheinländerin – ihrem Wohnhaus gegenüber – das kleine Souvenirgeschäft Federlesen und Meer.

WILLKOMMEN IN GREIFSWALD!

Am vergangenen Freitag brannte es nun abermals in der Mühlenstraße und in diesem Fall ist davon auszugehen, dass das Feuer gezielt gelegt wurde, denn vor der Haustür wurde ein mit Altpapier und Kohlenanzünder präparierter Rucksack in Flammen gesetzt.

Ein Willkommen in Greifswald gestaltet sich normalerweise weniger hitzig und deswegen suchen Biggi Schulz und andere Anwohnerinnen Augenzeugen, die in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober Merkwürdigkeiten am Hauseingang der Mühlenstraße 5 beobachtet haben. Da in der besagten Nacht der Mensaclub seine regelmäßige Party feierte, werden Hoffungen gepflegt, dass weiterziehende Besucher etwas bemerkt haben könnten. Der Brand soll gegen 4 Uhr entfacht worden sein; entsprechende Hinweise mögen bitte an die Polizei geleitet werden.

Solidaritätskundgebung für den Stuttgart21-Widerstand in Greifswald

Die Greifswalder Grünen rufen heute Abend zu einer Solidaritätskundgebung am Bahnhof auf. Die angekündigte Versammlung ist eine Reaktion auf die gestrigen Ereignisse in Stuttgart, als dem milieuübergreifenden und vor allem über aller Maßen friedlichen Widerstand gegen das Megabauprojekt die ganze Härte einer durchsetzungswilligen Staatsmacht gezeigt wurde.

Durch den deutschen Medienwald galoppierten gestern erschütternde Bilder von blutenden Schülerinnen und verzweifelten Demonstranten, denen die Ungerechtigkeit, die sie erfuhren, ins Gesicht geschrieben stand.

(Foto: Amalfitano2666)

Im bundesweiten Solidaritätsaufruf heißt es:

Liebe Freundinnen und Freunde,
der Protest gegen Stuttgart 21 braucht Eure Unterstützung! Der friedliche Widerstand gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 musste heute einen brutalen Polizeinsatz erleben. Bei der Räumung des Stuttgarter Schlossgartens setzte die Polizei Wasserwerfer, Schlagstöcke, Tränengas und Pfefferspray ein, um Blockaden von Demonstranten aufzulösen. Betroffen wurde auch eine seit langem angemeldete Schülerdemo. Hunderte Demonstranten wurden verletzt.

Dieser Einsatz ist nicht nur völlig überzogen, sondern er folgt auch einem offenkundigen und zynischen Kalkül: Ministerpräsident Stefan Mappus versucht, die Stuttgart 21-Gegner zu emotionalisieren, um sie anschließend möglichst kriminalisieren zu können. Wir wollen dagegen bundesweit ein Signal setzen und rufen zu bundesweiten “Schwabenstreichen” auf:

Am *1. Oktober* wollen wir Punkt 19 Uhr vor den Bahnhöfen dieses Landes gemeinsam mit einem breiten Bündnis FRIEDLICH gegen das irrsinnige Großbauprojekt protestieren. Damit unterstützen wir auch die Großdemo in Stuttgart, die morgen – wie jeden Freitag – durch die Straßen der Baden-Württembergischen Landeshauptstadt ziehen wird. Stuttgart 21 geht uns alle an, denn die Milliarden, die in Stuttgart verbuddelt werden, fehlen beim Ausbau des Schienennetzes in ganz Deutschland.
Lasst uns gemeinsam ein Signal setzen: Der Widerstand gegen Stuttgart 21 geht weiter – und er bleibt friedlich.

Fakten: 01.10. | 19 Uhr | Bahnhofsvorplatz

Raubüberfall? Bitte keine Panik!

Wer sich heute den Greifswalder Lokalteil der Ostsee-Zeitung zu Gemüte führte, hat die Lektüre hoffentlich ohne Angstschweiß hinter sich gebracht. Denn Angst geht ja angeblich gerade um und die Redakteure in der Bach-Straße spielen virtuos auf der Klaviatur der Verunsicherung.

Nachrichten aus dem Homo-Wald

homophobia1Anfang April präsentierte man uns nach einem sehr schnell aufgeklärten Totschlag den „Homo-Wald“ hinter einem Rastplatz an der B96 und hätte sehr viel besser daran getan, zu hinterfragen, wieso sich Menschen in einer scheinbar freien Gesellschaft auf einsamen Parkplätzen treffen müssen, anstatt sich plakativ mit dem Verbrechen auseinanderzusetzen und sich in boulevardesken Wortschöpfungen zu ermüden.

Fragen nach schwulen Lebenswirklichkeiten vor Ort wurden aber nicht gestellt oder um es mit dem Regisseur Rosa von Praunheim zu sagen:

Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt.„Raubüberfall? Bitte keine Panik!“ weiterlesen

Angriff auf Greifswalder Polizisten offenbar aufgeklärt

Wie die Polizeidienststelle via Pressemitteilung bekannt gab, steht der Angriff auf die beiden Polizeibeamten, der sich am vergangenen Sonntag ereignete, unmittelbar vor der Aufklärung.

Die auffällig schnelle Polizeiarbeitet wurde demnach von bis zu 16 Kriminalbeamten geleistet. In der Mitteilung heißt es:

Die Beschuldigten im Alter von 16, 18 und 23 Jahren räumten nach ihrer vorläufigen Festnahme am späten Montagabend bereits ihre Tatbeteiligung ein. Während zwei der Tatverdächtigen zum Motiv angaben, die Polizei nur haben ärgern zu wollen, räumte der 23-jährige Beschuldigte die Tötungsabsicht ein. Die Kriminaltechnik konnte Fußabdruckspuren an der Telefonzelle, aus der der anonyme Anruf getätigt wurde, sichern. Selbige fanden sich nach Absuche des Tatortes auch am Hauseingang der Makarenkostraße 45 B.

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In der Wohnung fanden sich Beweismittel, wie Utensilien zur Fertigung von Molotowcocktails und die Schuhe, deren Sohlenprofile mit den gesicherten Spuren übereinstimmten. In dieser Wohnung wurden die zur Straftat benutzen Molotowcocktails gemeinschaftlich angefertigt.

Während der in Karlsburg wohnhafte 23Jährige der Polizei bereits wegen mehrerer Straftaten, wie gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl, Verstoß gegen das Waffengesetz oder sexuellen Missbrauchs, bekannt ist, wurde gegen die beiden anderen in Rostock (16 Jahre) und Greifswald (18 Jahre) wohnhaften Jugendlichen bisher u. a. wegen Sachbeschädigung, Bedrohung und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. (Text hier in voller Länge)

KEIN POLITISCHES TATMOTIV

Die vermutlich wichtigste Aussage der Pressemitteilung: „Ein politisches Motiv zeichnet sich nicht ab.“ unterstreicht die von den Greifswalder Konservativen gepflegte Law-and-Order-Mentalität. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Angriffs spekulierte RCDS-Mitglied Franz Küntzel, ob es sich um einen Racheakt der linken Szene handle.

Der Instinkt ist altbekannt und so überraschte es wenig, dass sich auch Axel Hochschild sofort zu Wort meldete. Der Vorsitzende der Greifswalder CDU-Fraktion nahm den Kriminalbeamten die Auflösung des Falles vorweg und wusste nur zu genau, wer diese Tat zu verantworten hätte:

„Wenn man nach Hamburg und Berlin schaut muss man leider feststellen, dass es dort immer wieder Übergriffe durch „Radikalinkis“ gegen Polizisten, aber auch gegen Sachwerte gibt. Brennende Autos stehen dort fast wöchentlich auf der Tagesordnung.

Der Hinweis auf die fanatischen Chaoten vom Rostocker G8-Gipfel, der an nur einem Tag 433 verletzte Polizisten forderte sei hier erlaubt und sollte uns Mahnung genug sein gegen jegliche Form von Extremismus rechtzeitig aufzustehen und vorzugehen. Solche Verbrecher gehören hinter Schloss und Riegel.“

Unterdessen wurde auf dem Blog von NS Greifswald eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sich die Neonazis vom Anschlag auf das IKUWO distanzieren. Auch hier gerieren sich Einzelne als Kriminalexperten und Verschwörungstheoretiker:

Vielmehr wäre es der Antifa zuzurechen, die auf solchen myteriösen Wegen versucht ihre Arbeit zu legitimieren und damit neue Projekte gegen Rechts zu subventionieren.

Lesenswert dazu auch ein brandaktueller Artikel auf dem webMoritz und bei daburna.