Verwaltungsgericht Greifswald bestätigt Verbot der NPD-Demo

Gute Nachrichten aus der ersten Instanz: Wie aus einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung hervorgeht, bestätigte heute das Verwaltungsgericht Greifswald das Verbot der angemeldeten NPD-Demonstration am 1. Mai:

Begründet wird das mit dem § 130 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch. Hier heißt es, „wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verleumdet … wird mit einer Freiheitsstrafe von drei bis zu fünf Jahren bedroht.“

kein ort für neonazis greifswald

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass das von der NPD gewählte Demonstrationsmotto „Unsere Heimat – unsere Arbeit! Fremdarbeiterinvasion stoppen“ diesen Straftatbestand erfüllt. Durch die Nutzung der Begriffe Fremdarbeiter und Invasion in Bezug auf polnische Arbeitskräfte in der BRD werde die Menschenwürde dieses Teils der Bevölkerung angegriffen. Die öffentliche Ordnung sei gefährdet, dem könne nur durch das Verbot der angemeldeten Versammlung begegnet werden, heißt im Beschluss des Gerichtes.

Damit folgte das Verwaltungsgericht der Argumentation der Stadt Greifswald. Über die Entscheidung herrscht im Greifswalder Rathaus große Freude. Senator für öffentliche Ordnung Ulf Dembski: „Unsere Stadt steht für Toleranz, Gewaltfreiheit und Internationalität. Menschenverachtende Äußerungen werden wir nicht dulden.“ (Pressemitteilung)

Neues von der NPD-Demo: 1000 Polizisten, Videos aus dem Archiv, Fortschritte beim Bündnis und Angriffe auf Antifaschisten

Wie die Schweriner Volkszeitung berichtet, sollen bei der angemeldeten NPD-Demonstration am 1. Mai in Greifswald 1000 Polizeibeamte im Einsatz sein, um „Krawalle zu verhindern“. Die Beamten werden dabei unter anderem von einer Hundertschaft sächsischer Bereitschaftspolizisten unterstützt.

Gewaltfreie Sitzblockaden

Die Zeitung zitiert den Sprecher des Landesinnenministeriums, Olaf Seidlitz: „Aufgrund der im Internet kursierenden Blockadeaufrufe und den Erfahrungen mit so genannten antifaschistischen Versammlungen gehen wir davon aus, dass auch gewaltbereite Linksextremisten versuchen werden, an den Protesten teilzunehmen.“ Der Himmel wird sich verdunkeln und die Gewalttäterinnen werden auf schwarz-roten Rössern herangeprescht kommen – fürchten Sie sich auch schon?

Im folgenden Video vom 14.1.2001 kann man einen Eindruck davon gewinnen, wie  sogenannter „gewaltbereiter Linksextremismus“ und Blockaden gegen NPD-Demonstrationen zusammenhängen. Am Anfang des Videos ist übrigens der von Arthur König angeführte Demonstrationszug zu sehen, der sich auf seiner ganz eigenen Route den Neonazis „entschieden in den Weg stellte“, während der NPD-Zug tatsächlich an völlig anderer Stelle temporär aufgehalten wurde.

Sie werden marschieren — wir werden (friedlich) blockieren!

nazis blocken!Trotz des vom Greifswalder Oberbürgermeister ausgesprochenen Verbotes ist damit zu rechnen, dass die geplante Demonstration stattfinden wird. Die Universität wirbt dafür, dass die Uni-Mitglieder und alle, die sich mit ihr verbunden fühlen, sich um 8:45 Uhr am Rubenow-Denkmal treffen, um von dort gemeinsam auf den Marktplatz und weiter zum Demokratiefest am Trelleborger Weg zu laufen.

Das Bündnis Greifswald Nazifrei ruft im Gegensatz dazu auf, die NPD-Demonstration tatsächlich zu blockieren und sich den Nazis in den Weg zu stellen beziehungsweise zu setzen. Mit Gewaltbereitschaft hat das nichts zu tun, sondern mit Zivilcourage! Der gemeinsame Aktionskonsens bringt das auch zum Ausdruck:

  • Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch.
  • Von uns geht dabei keine Eskalation aus.
  • Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden.
  • Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.

Dass so eine Blockade erfolgreich verlaufen kann, zeigt dieses Video des zweiten Greifswalder Nazi-Aufmarsches im Jahr 2001. Gut erkennbar beteiligten sich an dieser Aktion nicht nur die vom Landesinnenministerium und der Schweriner Volkszeitung herbeiorakelten „gewaltbereiten Linksextremisten“, sondern ein milieuübergreifender Teil der Gesellschaft – bunt und friedlich.

„Ich blockiere, weil sich so gut wie alle anderen Aktionsformen als unwirksam erwiesen haben“

Das Bündnis rechnet ebenfalls fest mit einer Genehmigung der verbotenen NPD-Demonstration und vermeldete, dass es inzwischen bereits eine Sanitäterinnen- und eine Volxküchencrew gäbe: Veggie-Burger statt Gesicht-zeigen-Bratwurst!

Beeindruckend sind auch die landesweiten Mobilisierungsveranstaltungen, die in den kommenden Tagen nicht nur in Greifswald, sondern auch in Neubrandenburg,  Rostock, Burg, Wismar, Schwerin, Berlin, Ribnitz-Damgarten und Potsdam stattfinden werden. Organisiert werden sollen auch einige Busse, die auswärtige Demonstrierende nach Greifswald bringen sollen.

Eine schöne Idee ist außerdem das Einrichten der neusten Rubrik auf dem Blog des Bündnisses: Ich blockiere weil…. Dort sind alle dazu eingeladen, mit einem Statement die eigene Intention, sich an der Blockade zu beteiligen, zu erklären.

Versuchter Angriff auf Nazi-Gegnerinnen

Bei Indymedia tauchte gestern die Meldung auf, dass eine Gruppe Jugendlicher beim Plakatieren in der Nacht zum 18. April nur knapp einem offensichtlich neonazistisch motivierten Angriff am Hafen entgehen konnte. Dort heißt es: „Es war bereits früh geworden, als sich drei Männer einer Personengruppe näherten, die unterwegs waren, um Plakate zu verkleben.  Gegen zwei Uhr morgens trafen im Stadthafen die beiden Personengruppen aufeinander. Einige Meter entfernt begannen die Angreifer sich zu vermummen. Geistesgegenwärtig entschloss sich der Plakatiertrupp zur sofortigen Flucht. Die drei nun vermummten Männer eilten ihnen hinterher. Mit den Worten „Scheiß Antifa“ und „Wir kriegen euch“ dürften sowohl Absicht und Motiv erkennbar werden.“

Ob es angesichts eines solchen Ereignisses klug ist, die Proteste gegen den Greifswalder Naziaufmarsch als „gewaltbereit“ zu diskreditieren, darf bezweifelt werden. Der Landesverband der NPD reagierte auf das Demonstrationsverbot siegesgewiss und kündigte an, dass am 1. Mai „die volkstreue Bewegung Mecklenburg [sic!] und Pommerns in Greifswald ihren Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse, für die Freiheit und das Wohl des Volkes auf die Straße tragen“ würden. Das könne durch „König, Dembski und Co“ nicht verhindert werden.

In diesem Punkt darf der NPD ausnahmsweise wirklich zugestimmt werden: König und Dembski werden mit einem Demokratiefest keine Demonstration verhindern. Entscheidend wird also sein, wie viele Menschen gewillt sind, persönlich Platz zu nehmen, damit Greifswald der NPD eine klare Absage erteilt.

Vernissage: Sebastian Gürcke „Gute Kinderstube“

Die Alte Bäckerei lädt zur Vernissage und wirbt mit Mashups und Readymades von Sebastian Gürcke. Einige mögen vielleicht vor einem Jahr seine Examensausstellung in der Dompassage besucht und seine Liaison mit der DDR-Plattenromantik gesehen haben. Wem dieses Vergnügen bislang versagt blieb, sollte sich in die Mehringstraße aufmachen, um einen prüfend-neugierigen Blick auf Gürckes Ausstellung Gute Kinderstube zu werfen.

Die Ausstellung „Gute Kinderstube“ ist eine unkonventionelle „Antwort“ bzw. „Reaktion“ auf die zentrale Frage: Wer bin ich & wo komme ich her? Als Teil der „DDR-Kinder-Wende-Generation“ die aktiv mit der DDR in Berührung kam, aber nicht mehr in ihr groß wurde, reflektiert & resümiert Sebastian Gürcke in Form von Collagen & Vorgefundenem über sich selbst, die Post-Wendezeit & eine Art Doppelmoral.“ (Alte Bäckerei)

Nach der Vernissage ist die Ausstellung vom 19. bis zum 25. April, täglich zwischen 17 und 20 Uhr, geöffnet.

sebastian gürcke kinderstube
Fakten: 18.04. | 18 Uhr | Alte Bäckerei (Vernissage)

Schwebedeckelkombinat Tschaika lädt zum Freiluftturnier

Morgen findet im sehenswerten Griebenower Schlosspark mit dem Pomeranian Spring Fling das erste offizielle Discgolf-Turnier Vorpommerns statt. Bei dem aus den USA importierten Freiluftsport geht es darum, von einem definierten Abwurfpunkt aus mit einer speziellen Frisbeescheibe ein bestimmtes Ziel zu treffen, wobei das Spiel umso besser beherrscht wird, je weniger Würfe dafür notwendig sind. Kurz gesagt: Es geht um Golfen ohne Trolley und Schläger.

frisbee discgolf

Das Turnier wird vom jungen Verein Schwebedeckelkombinat Tschaika veranstaltet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, der Popularisierung des Frisbeesport in Deutschlands Nordosten Vorschub zu leisten. Die Genossinen an der Wurfscheibe laden deswegen alle Interessierten und insbesondere Discgolf-Neulinge dazu ein, am Sonntag in Griebenow vorbeizukommen. Nach einer kurzen Einführung in Regelwerk und Wurftechnik beginnt der Wettstreit. Die dafür notwendigen Scheiben können ausgeliehen werden.

Der Planung wegen wurde um eine vorherige Anmeldung via E-Mail gebeten. Dafür dürfte es jetzt zu spät sein, jedoch sollte das dem Spielvergnügen am morgigen Tag nicht im Weg stehen. Pack die Scheibe ein, es wird Frühling, Genossin!

Weitere Informationen über zeitlichen Ablauf und kulinarisches Begleitprogramm werden auf der Homepage angeboten und auch bei Wikipedia steht ein eigener Artikel über den amerikanischen Outdoor-Sport zur Rezeption bereit.

Fakten: 17.04. | ab 10 Uhr | Schlosspark Griebenow

Frank und frei: Disziplinierungsmaßnahme innerhalb der Greifswalder CDU-Fraktion

Rechtsanwalt Frank Hardtke (CDU) ist raus aus dem Fraktionsvorstand. So schnell hatte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Technisches Rathaus – ein Gremium auf der Suche nach den Gründen für die massive Kostensteigerung des gleichnamigen Großprojektes – wohl nicht mit dem Misstrauen seiner Parteikollegen gerechnet.

Die Greifswalder CDU-Fraktion ist ihm gegenüber jetzt ganz auf Liebesentzug eingestellt und hat in den letzten 48 Stunden ihre Aufmerksamkeit von der hiesigen Anti-AKW-Bewegung abgewandt und nun auf den Juristen gerichtet. Die Vermutung der darüber zuerst berichtenden Ostsee-Zeitung, Hardtke hätte seine Fraktion „intellektuell überfordert“, wird in einer eilig veröffentlichten Pressemitteilung entschieden zurückgewiesen.

frank hardtke abgewählt!(Originalfoto: David Voessing/webMoritz)

Im gleichen Absatz der stürmischen Verlautbarung wird mitgeteilt, dass von dem Rechtsanwalt „nur eine Anregung zu einer Beschlussvorlage in der Bürgerschaft gekommen“ sei – zur Stellungnahme bezüglich der Kampfsportart „MMA“. „Das überraschende Engagement Hardtkes für diese „Sportart“ hat tatsächlich einige Fraktionsmitglieder „geistig irritiert““, so die Pressemitteilung weiter.

PROBLEM, PROBLEM: FEHLENDE LOYALITÄT UND „ZUKUNFTSORIENTIERTE KRITIKFREUDIGKEIT“

Als Abwahlgrund wird Hardtke fehlendes Engagement und häufige Abwesenheit bei den Fraktionssitzungen vorgehalten. Die Ostsee-Zeitung zitierte am 14. April den Präsidenten des Unternehmerverbandes Vorpommern, Gerold Jürgens, der meinte, „es wäre der Greifswalder CDU zu wünschen, dass sie kritische Visionäre nicht ausgrenzt, sondern sich mit solchen Köpfen auf einen Neuanfang besinnt – weg von den alten Zöpfen“ und hält den Vorwurf fehlenden Engagements „schlicht für vorgeschoben, um den eigentlichen Grund zu verbergen“. Nach Einschätzung Jürgens‘ dürfte „die zukunftsorientierte Kritikfreudigkeit“ des Professors der CDU Greifswalder ein Dorn im Auge gewesen sein.

Dafür, dass Hardtkes „zukunftsorientierte Kritikfreudigkeit“ zum Problem wurde, spricht auch ein Satz, welcher in der ungewohnt langen und durchstrukturierten Pressemitteilung beinahe unterzugehen droht: „Darüber hinaus wurde fehlende Loyalität als Abwahlgrund benannt.“ Gleich im nächsten Punkt beeilt man sich allerdings zu dementieren, dass die Tätigkeit von Hardtke als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses etwas mit seiner Abwahl zu tun hätte – wer nicht auf Linie bleibt, lernt eben fliegen.

putin versus hochschild

Die Grünen nehmen Frank Hardtke in Schutz und stellen fest, dass seine Zustimmung zur Fernwärmesatzung und dem damit verbundenen Klimaschutzkonzept als Ganzem – gegen die Mehrheit seiner Fraktion – vielleicht einige stärker getroffen habe, als man annehmen möchte. „Frank und frei: Disziplinierungsmaßnahme innerhalb der Greifswalder CDU-Fraktion“ weiterlesen