Am Freitag wird in der Langen Straße 90 die von vielen Greifswaldern lang herbeigesehnte dm-Filiale eröffnet.
Die Drogeriekette kündigte schon im Februar 2013 die Nutzung des Standorts zwischen Markt und Fischmarkt an, der bis Ende 2012 viele Jahre von Komma10 bespielt wurde, doch bis die klaffende Angebotslücke in Greifswalds zentraler Einkaufsstraße gestopft werden konnte, sollten fast zwanzig Monate vergehen.
Zur Filialeröffnung wird von Freitag bis Sonnabend ein typisches Begleitprogramm aufgeboten, zu dem unter anderem das Comedy-Duo Los Lachos, ein luftballonformender Kinderanimateur, Schminkberatung sowie ein Gewinnspiel, bei dem beispielsweise ein Fahrradgutschein im Wert von 1200 Euro verlost wird, gehören.
Weiterhin wird eine Alnatura-Bar angekündigt, an der mit Flammkuchen und verschiedenen — von dm-Mitarbeiterinnen aus Bio-Zutaten zubereiteten — Canapés um die Aufmerksamkeit der zukünftigen Kunden gebuhlt wird, ehe am kommenden Montag die „10%-Rabattwoche“ beginnt.
Ungeachtet des unbeständigen und regnerischen Wetters versammelten sich am Sonnabendnachmittag knapp einhundert Personen am Karl-Marx-Platz, um von dort aus mit einer Technoparade durch Greifswald zu ziehen und für den Erhalt von Clubkultur in Greifswald zu demonstrieren.
Die DJs Verschnibbt & Zugenäht und Schaule, die auf der Ladefläche eines LKWs auflegten und von dort aus den feierfreudigen Demonstrierenden Zucker gaben, besorgten dabei mit wummernden Beats die nötige Aufmerksamkeit — zu überhören war dieser Umzug wahrlich nicht!
Am Rande der Demonstration wurde immer wieder Übersetzungsarbeit geleistet, um unverständig blickende Passanten mit Flyern über die Intention dieses Protestzugs aufzuklären. Die mitgeführten Banner und Schilder („Freiraum, ist wichtig, weißt…“) konnten diese Funktion leider nur bedingt erfüllen. Dennoch war der Protestzug nicht nur von dröhnenden Beats, sondern vor allem von gutgelaunten jungen Menschen — im Idealfall mit frischer Zuckerwatte in der Hand — geprägt. „150 Elektrofans demonstrierten für Clubkultur“ weiterlesen →
Die RoSa WG verlässt ihr Wohnzimmer und geht morgen Nachmittag gemeinsam mit ihren Stammgästen auf die Straße, um dort auf die vorzeitige und überraschende Schließung des erst im April eröffneten Elektro-Clubs aufmerksam zu machen.
Die letzte Afterhour hat geschlagen
Die RoSa WG, ein Amüsierbetrieb, der sich bestens auf elektronische Musik versteht, fand im früheren Wittcall-Gebäude in der Bahnhofstraße ein temporäres Domizil. Ende Mai wurde dem Betreiber, der im Vertrauen auf eine bis zum Gebäudeabriss beschränkte Zwischennutzung in den Club investierte, überraschend gekündigt. Womöglich ist der blutjunge Elektroclub zwischen die Fronten geraten, die seit Anfang Juni zwischen dem Vermieter, der auf diesem Areal gerne ein Einkaufszentrum errichtet sähe und einer Bürgerinitiative, die den Plänen des Investors kritisch gegenübersteht, verlaufen. Auf jeden Fall ist erstmal vorläufig Schluss mit Techno — die letzte Afterhour hat geschlagen!
Am Sonnabend wird nun endlich etwas Bewegung auf den Floor kommen, denn um 16 Uhr beginnt am Karl-Marx-Platz eine Demonstration, die gegen die Missstände der Raumlosigkeit, der kulturellen Verkargung, der immerfort drohenden Provinzialisierung dieser Stadt protestieren möchte. Im Tanzschritt marsch wird der von den Greifswalder DJs Verschnibbt & Zugenäht, Paul Zehner und Schaule befeuerte Demonstrationszug durch die Stadt ziehen, bis schließlich — auf dem Festgelände am Museumshafen — die Abschlusskundgebung eingezählt wird.
Der Demonstrationsaufruf wird unter anderem von der Greifswalder Sektion der Hedonistischen Internationalen unterstützt. Die Lustprinzipler beklagen, dass um jeden Freiraum gekämpft und gestritten werden müsse und das diese Auseinandersetzungen symptomatisch für einen gesellschaftlichen Missstand seien, in dem nahezu alles, was nicht auf direktem Wege zu Wertschöpfung und Wachstum betrüge, umfassend legitimiert werden müsse. Die Hedonistinnen rufen darum dazu auf, gemeinsam zu zeigen, wie wichtig Freiräume sind und zu unterstreichen, dass auch Clubkultur dazu beiträgt, aus Greifswald eine lebenswerte Stadt zu machen.
Nach der Abschlusskundgebung am Hafen geht es um 23 Uhr im Klex weiter, wo GrIStuF und RoSa gemeinsame Sache machen und der Nacht und ihren Liedern eine volle Packung Elektrobumms mit auf den Weg geben!
Trotz des Regens, der heute Nachmittag wie auf Bestellung den Versammlungsbeginn einläutete, folgten etwa 50 Personen einem Aufruf der Bürgerinitiative Rettet die Innenstadt und die Fleischervorstadt, um sich am Karl-Marx-Platz zu einer Kundgebung zu treffen.
Sorgte der anhaltende Regen unter den Teilnehmenden anfänglich noch für Konfusion, so konnte wenig später fast wie geplant im Schutz der Baumkronen die Veranstaltung zur vieldiskutierten Zukunft der ehemaligen KAW-Hallen stattfinden.
Nach Redebeiträgen des StuPa-Präsidenten Philipp Schulz (Die Partei), und der beiden Bürgerschaftsmitglieder Erik von Malottki (SPD) und Milos Rodatos (Piratenpartei) wurde die Versammlung aufgelöst. Anschließend schwang sich der Großteil des verbliebenen Publikums, das vom radelnden Kleinkind und der tanzfreudigen Studentin über den mittelständischen Einzelhändler bis zum Uni-Dozenten reichte, auf die Räder und formierte sich zu einer Critical Mass, die alsbald die Bahnhofstraße hinauffuhr. Und wieder hinunter. Und wieder hinauf. Und wieder hinunter. Ein bizarres Bild, wie sie dort gemeinsam demonstrierten.
Nach fünf Minuten war zumindest eine Sache klar: Es sind nicht einmal 50 Fahrradfahrende, die zur Hauptverkehrszeit die Bahnhofstraße befahren, nötig, um den Abschnitt zwischen der Ampel vor dem Kreisverkehr und der Kreuzung Gützkower Straße/Fleischerstraße in Stillstand zu versetzen. Die meisten Autofahrer reagierten entspannt und harrten einfach aus, vielleicht nicht zuletzt deswegen, weil vielen klar war, dass die Fahrradfahrerinnen irgendwann wieder von der Straße verschwinden würden.
Der Verkehrsfluss hat an dieser Stelle und zu dieser Tageszeit höchst empfindlich auf diese kleine Störung reagiert — schwer vorstellbar, dass diese Fragilität mit dem zunehmenden Verkehrsaufkommen, das mit dem Bau eines großen Einkaufszentrum einherginge, vereinbar sein sollte und nicht stattdessen zum Dauerstau während des Berufs- und Feierabendverkehrs führen würde.
Die Bürgerinitiative Rettet die Innenstadt und die Fleischervorstadt, also jener — in fast jeder Hinsicht heterogene — Verbund von Gegnerinnen eines großen Einkaufszentrums auf dem Gelände der ehemaligen KAW-Hallen, wird heute Nachmittag eine Kundgebung am Karl-Marx-Platz abhalten.
VERKEHRSBEUNRUHIGUNG DURCH TÄGLICH MEHR ALS 1800 AUTOS
Mit der Versammlung soll einerseits ein Zeichen für den Erhalt der RoSa WG — einem Elektro-Club, dem das seit Anfang des Jahres bestehende Zwischennutzungsmietverhältnis vor wenigen Wochen überraschend zum heutigen Tag gekündigt wurde — gesetzt werden.
Andererseits möchte die BI die Greifswalder Bevölkerung auf die zunehmende Verkehrsbelastung in der Bahnhofstraße, die ein Einkaufszentrum dieser Größe verursachen würde, aufmerksam machen. Die Teilnehmenden der Kundgebung werden deswegen um die Mitnahme eines Fahrrads gebeten.
In einer Studie wurde eine Verkehrszunahme von täglich mehr als 1800 Fahrzeugen ohne Lieferverkehr prognostiziert, die durch ein Einkaufszentrum der projektierten Größe entstehen könnte. Wenn diese Zahl stimmt, so klingt sie erstmal dramatischer, als sie wirklich ist. Denn je nachdem, wie sich dieser Verkehr auf den Tag verteilt, werden auf der Bahnhofstraße wohl kaum mehr als zehn Fahrzeuge pro Minute zusätzlich fahren. Nichtsdestotrotz stellt sich natürlich die Frage nach dem verkehrsberuhigenden Sinn der 2010 fertiggestellten Bahnparallele, die insgesamt 35 Millionen Euro gekostet hat.
NEUE VERMITTLUNGSVERSUCHE MIT POLITISCHER UNTERSTÜTZUNG
In Sachen RoSa WG gibt es ebenfalls Neuigkeiten: Neben den in der BI aktiven Bürgerschaftsmitgliedern Milos Rodatos (Piratenpartei), Erik von Malottki (SPD) und Ulrich Rose (Alternative Liste) möchte nun auch noch Landtagsmitglied Patrick Dahlemann (SPD) zwischen Clubbetreiber Murat Demirkaya und Vermieter Dieter Rex vermitteln und sich für eine konstruktive Lösung stark machen.
Man darf gespannt sein — wie es heißt, ist bereits ein Gesprächstermin anberaumt. Die Online-Petition Kultur darf nicht sterben – Rettet die RoSa WG! wurde unterdessen von mehr als 1000 Personen mitgezeichnet. Das Ziel der Petition, deren Kommentarfunktion bislang sehr lebendig genutzt wurde und auch so manchen Troll anzuziehen vermochte, sind 5000 Unterstützende — da muss also noch einiges passieren!
Mit der Fête de la Musique wird morgen der Sommer eingeläutet. Die Veranstaltung, die sich seit den Achtziger Jahren von einer Pariser Feierlichkeit zu einem globalen Festakt entwickelte, wird dann in Greifswald zum sechsten Mal stattfinden. Sorge dafür trägt GrIStuF, der Verein, der auch hinter dem gleichnamigen Festival steht und der einiges bewegt. Die Eröffnung des Festivals, die sogenannte Welcome-Party, geht in diesem Jahr Hand in Hand mit der Fête und beginnt gewissermaßen als fêtte Aftershow um 23 Uhr in den ehemaligen KAW-Hallen am Bahnhof.
Der Sonnabend wird also von freier Kultur ganz im Sinne des Umsonst-und-draußen-Prinzips bestimmt. Auf insgesamt neun Bühnen werden ab 12 Uhr an verschiedenen Orten der Stadt Bands spielen und Künstlerinnen auftreten, zum Beispiel im St. Spiritus, auf dem Fischmarkt, im Schuhhagen, im Innenhof der Universität, in der Brinkstraße und in der Knopfstraße. Auf dem Hof des Klex beginnt um 17 Uhr die Kinder-Fête, während sich die große GrIStuF-Bühne, auf der ab 18 Uhr unter anderem Auf jeden Derbe spielen werden, in diesem Jahr auf dem Hof der Stralsunder Straße 10 (Straze) befindet. Hier kann man einen Vorgeschmack auf eine goldene Straze-Zukunft gewinnen!
Das Programm der Fête de la Musique 2014 in Greifswald