Soziale Stadt mobil gemacht: Share it!

Wer in der Fleischervorstadt oder im Greifswalder Stadtzentrum wohnt, hat mit großer Wahrscheinlichkeit gestern oder vorgestern einen Brief von der Stadtverwaltung gekriegt, in dem zur Teilnahme an einer Haushaltsumfrage aufgerufen wird.

Damit soll das öffentliche Interesse an neuen Verkehrskonzepten, die wegführen sollen vom motorisierten Individualverkehr, um stattdessen einen klimaschonenden Mobilitätscocktail anzubieten, erhoben werden.

GETEILTES LEID IST HALBES LEID

Auf der Homepage des vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit 14.000 Euro geförderten Pilotprojekts Soziale Stadt mobil gemacht kann bereits in Augenschein genommen werden, wie sich so eine mobile Mischung zusammensetzen könnte: klassischen umweltfreundlichen Fortbewegungsarten wie dem Fahrrad und dem ÖPNV werden neue Mobilitätsdienstleistungen zur Seite gestellt. Dazu könnten zum Beispiel ein professionelles (E-)Car- und Bikesharing gehören, das quartiersweise in sogenannten Mobilitätsstationen organisiert wird.

radfahrer
(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Die Befragung richtet sich vorwiegend an die Bewohnerinnen der Innenstadt und der Fleischervorstadt, da beide Stadtteile eine sehr hohe Einwohner- und Bebauungsdichte aufweisen — der Mangel an Parkplätzen ist hier ein chronisches Problem — und mehrere Projektpartner dort über eigene Flächen verfügen.

FRÜH BETEILIGEN STATT AM ENDE VORBEIZUPLANEN

soziale stadt mobil gemacht

Um nicht an den späteren Nutzerinnen vorbei zu konzeptionieren, ist ein wesentlicher Bestandteil von Soziale Stadt mobil gemacht die frühzeitige Einbeziehung der Bevölkerung in den Planungsprozess, durch die festgestellt werden soll, „ob es überhaupt eine tragfähige Nachfrage für die teilweise experimentellen Angebote gibt.“ Außerdem soll die Öffentlichkeit für umweltfreundiche Verkehrsentwicklung sowie Fragen zu Klimawandel, Stadtentwicklung und Mobilität sensibilisiert werden.

Diese Beteiligung kennt bei der Erstellung des Mobilitätskonzepts fünf Schnittstellen: die bereits vergangene Bürgerversammlung im Koeppenhaus; zwei Workshops, die am 24.5. und im Herbst 2012 durchgeführt werden; die eingangs erwähnte Haushaltsbefragung und schließlich die Homepage, auf der regelmäßig informiert wird und die eine Kommentarfunktion bereithält. Dass die Bewohner vor umfassenden Neuerungen und Baumaßnahmen involviert werden, hat sich in der Vergangenheit zum Beispiel bei der Präsentation der geplanten Umgestaltungen in der Wiesen– und Gützkower Straße bewährt.

bürgerbeteiligung bauprojekte

(Abbildung: Lutz Wüllner, Urbanizers)

Über die Teilnahme an der Befragung und den Workshop soll man Einfluss auf einen möglichen Standort, die Ausstattung und das Betreiberkonzept einer solchen Mobilitätsstation nehmen zu können. Die Ergebnisse der Befragung sollen zeigen, ob und in welcher Form es in Greifswald eine Nachfrage dafür gibt. Wenn das Feedback sehr positiv ausfällt, könnten im ganzen Stadtgebiet solche Stationen entstehen.

BÜRGERINNEN-WORKSHOP CARSHARING 

Zum sogenannten Bürger-Workshop am 24. Mai, bei dem es vor allem um Carsharing gehen wird, sind alle Interessierten eingeladen — nicht nur Bewohner der beiden Stadtteile, in denen die Befragung durchgeführt wird. Eingeladen wurden dafür außerdem mehrere Experten, zum Beispiel Willi Loose (Bundesverband CarSharing e.V.), Thomas Leuckfeld (City-Car Autovermietung GmbH / CarSharing-Unternehmer aus Neubrandenburg) und Oliver Haarmann (Verkehrsbetrieb Greifswald GmbH).

Es wird darum gebeten, die seit vorgestern verteilten Fragebögen ausgefüllt bis zum 8. Juni im mitgeschickten Rückumschlag beim Quartiersbüro Fleischervorstadt oder in der Stadtinformation abzugeben. Wer in einem Haus der WVG oder der WGG wohnt, kann den ausgefüllten Fragebogen auch bequem in den Hausmeisterbriefkasten stecken.

Dem Thema Carsharing in der Hansestadt widmete sich auch kürzlich Greifswald TV:

Fakten: 24.05. | 19.30 Uhr | Rathaus

Greifswald TV über Polly Faber

Der Regionalsender Greifswald TV widmet sich in einem seiner neusten Beiträge dem hier zuletzt häufiger erwähnten Kunstzusammenschluss Polly Faber. Neben einigen aktuellen Interviews, unter anderem mit Schatzmeister Bernsdorf und dem Bilderhauer Edvardas Racevius, wurde für das Portrait auch Material aus dem Archiv gekramt. Sehenswert.

Video (6:29)
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Familien, Feste und Verdrängung: Uta Koschel inszeniert „Das Fest“ am Theater Vorpommern

Ein Theaterbericht von Ferdinand Fantastilius

kolumne 17vierSchon vor dem Fest herrscht etwas Katerstimmung… Ein wenig ermattet, aber auch zufrieden über die Fertigstellung wirkt das Team kurz vor der Premiere… Fest gemacht und losgeworden…

Mit endlos ähnlichen Wortwurstwolken könnte man als Rezensent einsteigen.

Die Verlockung, die prekäre Situation des scheidenden Altensembles am Theater Vorpommern mit seiner letzten gemeinsamen Großinszenierung „Das Fest“ zusammenzujauchen, ist einfach zu groß. Jedoch, man merkt es den drei zum Gespräch Geladenen an: sie scheinen es langsam leid zu sein, auf elends und ewig zum Intendantenwechsel und den Nichtverlängerungen befragt zu werden. In jedem Fall ist es für sie, zwischen den Stühlen stehend, kein Einfaches, über ihren zukünftigen Nicht-Chef Worte zu verlieren, die als kompromittierend oder gar wehleidig ausgelegt zu werden drohen.

PROMOTIONSPROFIS IN DER PROVINZ

Die journalistische Zunft ist bekannthin ja immerstets auf der Suche nach knalligen Aufhängern, emotionalen Türöffnern und punchigen Headlines. Unten den speckigen Berichterstatterjacken kocht sie, die Lust an der Landung eines  publizistischen Riesencoups. In den luziden Träumen eines jeden Journalisten rauscht es wild im Blätterwald.

Stattdessen jedoch: müdes Zettelrascheln fahler Reporter auf der Pressekonferenz. Die anwesenden Presseinfo-Umformulierer sind angetreten, um die letzten Fakten für ihre Setzkastenartikel zu sammeln, klickern fahrig mit Kulis in ihren Schreibtischschreiberlingspranken, bevor die Fest-Macher (punch!) im Raum erscheinen um von – nach Zusammenjauchung jiepernden – Journalisten mit „Ja, erzählt doch mal, wie war das so“-Fragen beworfen zu werden.

Das Fest Inszenierung Uta Koschel Szenenbild

Am runden Tisch im Dachbüro haben sich die Regisseurin Uta Koschel, die leitende Dramaturgin Catrin Darr und der Schauspieler Hannes Rittig eingefunden. Die Regisseurin, ein sanftes, in Augenringe und hennarotes Haar getauchtes Wesen, spricht mit sonorer Stimme und valiumhafter Gelassenheit über ihre letzte Inszenierung als Gastregisseurin am Theater Vorpommern. Von 1996 bis 2003 war sie sieben Jahre fest am Haus. Über das Schauspiel kam sie letztlich zur Regie. Zahlreiche Stücke hat sie bereits inszeniert. „Familien, Feste und Verdrängung: Uta Koschel inszeniert „Das Fest“ am Theater Vorpommern“ weiterlesen

Diagonalquerung: Ein Verkehrsprojekt spaltet die Stadt *Update*

Die Diskussion über die Diagonalquerung auf der Europakreuzung hört nicht auf. Nachdem Grüne, Linke und SPD einen erneuten Anlauf unternommen haben, das innovative und vom Finanzausschuss der Stadt Greifswald befürwortete Verkehrsprojekt umzusetzen, avancierte das Thema in den letzten Tagen zum Dauerbrenner in den Leserbriefspalten der Ostsee-Zeitung.

WEM GEHÖRT DIE STADT? 

Die startete nicht nur eine Umfrage, bei der inzwischen über 3200 Stimmen — bislang votierten 58% für das Vorhaben — abgegeben wurde, sondern bot ihren Leserinnen auch den Raum, ihre Meinung über die Diagonalquerung öffentlich zu machen. Dabei treten leider nicht unbedingt die sachlichen Beiträge in den Vordergrund — um Verkehrsplanung scheint es vielen Diskutanten nicht zu gehen und die zum Teil berechtigte Kritik an dem Projekt geht unter.

Vielmehr wird die Debatte von einigen dazu genutzt, sich geräuschvoll zu positionieren — jedoch nicht in der Frage, ob es Radfahrerinnen zukünftig erlaubt sein soll, die Europakreuzung diagonal zu passieren, sondern eigentlich in der grundsätzlichen Entscheidung wir oder ihr. Diese Grenzziehung findet nicht zum ersten Mal statt; sie ließ sich schon während der Auseinandersetzungen um Ernst-Moritz-Arndt oder während der Proteste gegen die beiden Castor-Transporte beobachten.

Da meldeten sich Leserbriefautoren wie der EWN-Senior Leonhard Bienert, der im Dezember 2010 die heutige Landtagsabgeordnete Ulrike Berger (Grüne) am liebsten von den Polizisten  nackt über die vorpommerschen Äcker gejagt gesehen hätte, zu Wort. Das Projekt sei ein „Karnevalsscherz“, „Schwachsinn“, und dürfe nur umgesetzt werden, wenn sich zukünftig alle Radfahrer überall an die Verkehrsordnung hielten, sonst solle man lieber ein Transportband für Fußgänger in die Innenstadt setzen.

 „UNDISZIPLINIERTHEITEN VON RADFAHRERN NICHT LEGALISIEREN!“

Die CDU Greifswald lehnt das Projekt trotz anfänglicher Zustimmung ab, weil der geschaffene Nutzen nur einer einzigen Verkehrsgruppe zugute käme — bei der 25 Millionen Euro teuren Bahnparallele verursachte diese Behauptung damals weniger Bauchschmerzen. Auch der Seniorenbeirat schaffte es auf die erste Seite des Lokalteils und Sprecher Berndt Frisch (FDP) forderte zeitungsöffentlich, dass „Undiszipliniertheiten von Radfahrern“ nicht legalisiert werden dürfen. Im Gegensatz zum Seniorenbeirat hat sich der Stadtelternrat  bislang noch nicht zum Verkehrsprojekt geäußert, wieso auch? „Diagonalquerung: Ein Verkehrsprojekt spaltet die Stadt *Update*“ weiterlesen

Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #20

Du magst also auch Musik, was? / Ja, ich liebe Musik / Auf was für Musik stehst du? / Alle Sorten / Also ich mag Easy-Listening / Ja, ich auch, Easy-Listening ist echt geil / Wohnst du hier in der Gegend / Ja, praktisch um die Ecke, ist ne gute Gegend zu wohnen / Ich mag es / Ich auch / Apropos, ich heiße Thomas / Hallo Thomas, ich bin Stefan / Nett dich kennenzulernen / Auch nett dich kennenzulernen*

kurze wegeIm Klex feiert die Indiebar eine nächtliche Wiederauferstehung, ehe an gleicher Stelle am nächsten Abend die Hamburger Oi!-Punkband Eight Balls die Menge anschreien wird. Vorher jedoch guckt unter anderem Popkultur-Experte Thomas Meinecke mal wieder vorbei und liest im Koeppen Koeppen. Theaterfreunde müssen sich zwischen einer Premiere und einer Dernière entscheiden und Frühaufsteher können Sonnabend auf der Afterhour im Roten Salon nach dem Rechten sehen. Ein Überblick. „Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #20“ weiterlesen

Fernsehbericht über die notwendige Sanierung des Greifswalder Doms

Zwölf Millionen Euro werden für die Sanierung des Greifswalder Doms benötigt. Der Pfarrer Matthias Gürtler skizziert im Interview mit dem Lokalfernsehsender Greifswald TV einige Finanzierungsmodelle und auch Oberbürgermeister Arthur König möchte sich für den Erhalt der Kirche einsetzen.

Eine befragte Bürgerin sieht die Kirche in der Pflicht, andere glauben, dass viele Greifswalder Einwohner für die Sanierung spenden würden. Den Vogel schießt allerdings ein Herr in bester Das-wird-man-wohl-doch-mal-sagen-dürfen-Manier ab, der einen noch viel multikulturelleren Vorschlag einbringt und furchterfüllt DJ Muezzin bereits an den Decks wähnt:

Wir können aus dem Dom auch eine Moschee machen oder vier Minarette drumbauen, dann haben wir andere, die das von unseren Ölgeldern bezahlen. Und dann haben wir aber auch fünfmal am Tag so Rufe, die nicht unbedingt dem Bachschen Weihnachtsoratorium entsprechen.

Video (08:37)
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